Europa macht Banken fit - Anti-Krisenpaket nahe

Brüssel/Berlin (dpa) - Europa verordnet seinen Großbanken strikte Risikovorsorge für einen teilweisen Schuldenerlass Griechenlands. Damit rückt ein Rettungspaket für das Pleite bedrohte Mittelmeerland näher, auch wenn Politik und privaten Gläubiger heftig stritten und die Verhandlungen zunächst abgebrochen wurden.

Auf dem EU-Gipfel am Mittwoch in Brüssel setzten die Euro-Staaten Banken und Versicherer massiv unter Druck, auf mindestens die Hälfte ihrer Forderungen an Griechenland zu verzichten.

Ohne einen Erfolg gerät das gesamte Krisenmanagement in Gefahr, zumal das Regierungschaos in Italien die Finanzmärkte weiter verunsicherte.

«Wir sind einer gewissen politischen Einigung offensichtlich sehr nahe gekommen», sagte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, amtierender EU-Ratspräsident, nach den Beratungen der 27 EU-Regierungschefs. Die Einigung für die Banken-Finanzspritzen sei «eine Grundvoraussetzung» dafür, dass die 17 Euro-Chefs nach Elementen einer Lösung suchen könnten, «die uns vor der Krise schützt».

Bei dem Gesamtpaket zur Lösung der Schuldenkrise geht es um eine Stärkung des Rettungsfonds EFSF und eine höhere Beteiligung der Banken an einem Schuldenschnitt für Griechenland.

Führende Banken in Europa müssen ihr Kapital aufstocken, um einen Schuldenschnitt Griechenlands und die damit verbundenen Ausfälle von Staatsanleihen in ihren Büchern zu verkraften.

«Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Bankensektor sind dringend nötig», schrieben die 27 EU-Staaten in einer gemeinsamen Gipfelerklärung. Der Gipfel setzte dafür eine Frist bis zum 30. Juni 2012. Bis dahin müssen die systemrelevanten Banken ihre harte Kernkapitalquote auf neun Prozent anheben.

Systemrelevante Banken würden bei einem Zusammenbruch das gesamte Finanzsystem gefährden.

Die Europäische Bankenaufsicht EBA schätzt den Kapitalbedarf der Banken auf rund 100 Milliarden Euro, in der Abschlusserklärung wird keine Zahl genannt. Auf Deutschland entfallen knapp sechs Milliarden Euro, auf Frankreich rund 10 Milliarden Euro.

Zur Not sollen die Banken die Auszahlung von Dividenden und Boni begrenzen. Deutsche Kreditinstitute brauchen nach Einschätzung von Finanzkreisen kein frisches Geld vom Staat.

Erst vor drei Monaten hatten die Europäer mit den Banken ein zweites Hilfspaket für Griechenland geschnürt. Damals willigten die privaten Gläubiger ein, auf 21 Prozent zu verzichten, nun fordert die Politik einen Abschlag von 50 bis 60 Prozent bei den Forderungen an Athen. Dafür könnten sie neue Papiere mit einer Laufzeit von 30 Jahren übernehmen, berichteten Diplomaten. Die Geldhäuser kämpften in den Gesprächen um jeden Prozentpunkt, hieß es.

In Brüssel sorgte ein Bericht der Athener Tageszeitung «Kathimerini» (Mittwochausgabe), dass Finanzminister Evangelos Venizelos eine Umtauschaktion für Anleihen plane, für Aufsehen. Die Banken sollen demnach einen Abschlag von 50 Prozent hinnehmen und dafür neue Papiere mit einer Laufzeit von 30 Jahren übernehmen. Das wollte das Ministerium in Athen auf Anfrage nicht bestätigen.

Von dem Forderungsverzicht hängt die Summe der staatlichen Hilfen für das zweite Griechenland-Paket ab. Die Zahlen sind dramatisch: Nach Berechnungen der internationalen Expertengruppe benötigt Athen bis 2020 rund 252 Milliarden Euro. Somit dürften die im Juli vereinbarten 109 Milliarden Euro an Hilfe nicht reichen.

Aber nicht nur die Banken standen unter Druck, auch verschuldete Euro-Länder wie Italien mussten sich Kritik anhören. Italiens Premier Silvio Berlusconi legte konkrete Pläne für Reformen und den Schuldenabbau vor. Diese hätten «einen guten Eindruck gemacht und wurden wohlwollend aufgenommen», sagte Tusk.

Deutschland und Frankreich hatten beim Gipfel am Sonntag genau diese Vorschläge von Berlusconi verlangt.

Zuvor hatte Berlusconi versucht, dem Koalitionspartner Lega Nord eine Rentenreform abzupressen. Angeblich soll Berlusconi resigniert haben: Nach unbestätigten Medienberichten will er binnen Wochen zurücktreten und den Weg für Neuwahlen 2012 freimachen.

Vor dem Gipfel beschwor Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung die globale Verantwortung für den Euro. Europa stehe in der schwierigsten Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. «Scheitert der Euro, dann scheitert Europa. Das darf nicht passieren», sagte Merkel.

Für den Gipfel erhielt die CDU-Chefin breite Rückendeckung des Parlaments. Union, FDP sowie SPD und Grüne gaben mit großer Mehrheit grünes Licht für die Gespräche. Die Bundeskanzlerin benötigte die Zustimmung, um voll verhandlungsfähig zu sein.

Fortschritte gab es vor den Treffen beim Ausbau des Euro-Rettungsfonds auf wohl mehr als eine Billion Euro. Für die Stärkung der EFSF liegen zwei Optionen auf dem Tisch, bei denen der Garantierahmen Deutschlands von 211 Milliarden Euro unverändert bleibt.

Eine Variante sieht eine Teilabsicherung neuer Anleihen aus Risikoländern wie Spanien und Italien vor. Im Pleite-Fall bekommt der Geldgeber zumindest einen Teil garantiert zurück. Die zweite Variante dreht sich um einen Kredit-Sondertopf des Internationalen Währungsfonds (IWF). Auch eine Kombination gilt als möglich. Derzeit kann der Fonds maximal 440 Milliarden Euro Notkredite verleihen.

EU / Finanzen
26.10.2011 · 22:45 Uhr
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