Die Wende bei Dr Martens: Ije Nwokorie nimmt als neuer CEO das Ruder in die Hand
Die britische Schuhmarke Dr Martens erlebt einen Führungswechsel, dessen Ausgang potenziell über Wohl und Wehe des Unternehmens entscheiden könnte. Ije Nwokorie, seit den 90ern Fan der Marke, rückt zwei Monate nach seinem Einstieg als Brand Officer an die Spitze. Seine Mission ist nichts Geringeres, als die Geschicke des an der Londoner Börse notierten Unternehmens wieder positiv zu gestalten. Diese Herausforderung ist nicht zu unterschätzen, denn seit dem Börsengang vor drei Jahren konnte das Unternehmen, das in der Vergangenheit eine treue Anhängerschaft unter Punks und Skinheads fand, die Erwartungen nicht erfüllen.
Unter CEO Kenny Wilson, der bis spätestens März nächsten Jahres seinen Posten räumt, musste die Firma fünf Gewinnwarnungen herausgeben. Aktuell rechnet man bei Dr Martens mit einem Rückgang des Vorsteuergewinns bis 2025 um zwei Drittel auf etwa 35 Millionen Pfund – ein herber Schlag für die Aktionäre, deren Anteile seit dem IPO um 85 Prozent gefallen sind.
Die Analysten begegnen dieser CEO-Rochade zwischen Hoffnung und Skepsis. Richard Hyman von Thought Provoking Consulting betont das Risiko einer zu hoch angesetzten Unternehmensbewertung zum Zeitpunkt des Börsengangs. Danni Hewson, leitender Finanzanalyst bei AJ Bell, hätte sich von einem externen Kandidaten eine frische Perspektive erhofft.
Nicht nur die Wachstumschancen der Marke stehen auf dem Spiel, sondern auch der Ruf der britischen Private-Equity-Gesellschaft Permira, die Dr Martens in hochbewerteten Börsengängen an die Öffentlichkeit brachte. Während Permira mit dem Börsengang rund eine Milliarde Pfund einblickte, profitierte auch Wilson persönlich mit 20 Millionen Pfund. Trotz des Verkaufs eines weiteren Anteils im Wert von 257 Millionen Pfund im Jahr 2022 behält Permira 38 Prozent an dem nun im FTSE 250 gelisteten Unternehmen.
Mit einem Vorsteuergewinn, der im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte auf 25,8 Millionen Pfund gesunken ist, und einem Umsatzrückgang um 5 Prozent auf 395 Millionen Pfund sind die finanziellen Sorgen bei Dr Martens unübersehbar. Die Investitionsbank Peel Hunt schätzt, dass sich die operative Gewinnmarge von nahezu 25 Prozent zum Zeitpunkt des Börsengangs auf jetzt 7,3 Prozent verringern wird.
Kate Calvert, Einzelhandelsanalystin bei Investec, sieht das Hauptproblem in einer Kombination aus Überbeständen, dem Verzicht auf Preisnachlässe vor Weihnachten und risikoreichen Investitionen während einer Konjunkturabkühlung.
Das Board setzt große Hoffnungen in Nwokorie, trotz dessen Mangels an Erfahrung in der Leitung eines börsennotierten Modeunternehmens. Unterstützt wird er von Giles Wilson, dem designierten Finanzchef von Dr Martens, der bereits das börsennotierte Unternehmen John Menzies geleitet hat.
Nwokorie, geboren in den USA und aufgewachsen in Nigeria, brachte nach seiner Ausbildung zum Architekten seine Kreativität bei der renommierten Markenberatung Wolff Olins ein, wo er es bis zum CEO schaffte. Vor seinem Einstieg bei Dr Martens im Jahr 2021 sammelte er zudem Erfahrung bei Apple.
Ob Nwokorie in der Lage sein wird, das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen, wird sich zeigen. Artemis Income Fund, einer der größten Aktionäre, bezeichnete Dr Martens als größten Hemmschuh in seinem Portfolio. In der Zwischenzeit forderte der New Yorker Marathon Partners in einem Schreiben an den Vorstand, eine Übernahme oder Fusion in Betracht zu ziehen. Analystin Doriana Russo von HSBC sieht das Hauptaugenmerk auf einer Neuausrichtung der Erwartungen und einer stabilen Erfolgsquote. (eulerpool-AFX)
