Chinas Giftbilanz zwingt Europa zur Rohstoffwende
China dominiert seit Jahrzehnten den Markt für Seltene Erden – und zahlt dafür einen hohen Preis: verseuchte Flüsse, radioaktive Schlämme, ruinierte Böden. In Regionen wie Bayan Obo oder Baotou haben sich Emissionen über Jahre derart angereichert, dass Lungenerkrankungen zur Normalität wurden. Internationale Studien dokumentieren erhöhte Krebsraten, geschädigtes Grundwasser und toxische Abluftmengen, die jede westliche Umweltregulierung sprengen würden.
Doch während Beijing die ökologischen Kosten trägt, profitiert der Westen seit Langem von billigen Magneten, Batteriematerialien und Komponenten für Windräder und Elektroautos. Erst Chinas Exportbeschränkungen von 2010 machten sichtbar, wie verletzlich Europa in Wahrheit ist – eine Abhängigkeit, die sich seither sogar vertieft hat.
Europa will unabhängig werden – auf dem Papier
Die EU hat mit dem Critical Raw Materials Act ambitionierte Ziele formuliert: mehr Diversifizierung, eigene Förderung, ein industrieller Wertschöpfungsverbund. Doch zwischen Strategiepapieren und Realität liegt eine gewaltige Lücke. Zwar listet Brüssel mehr als 40 Rohstoffprojekte, doch viele davon existieren nur als Planungsakte. Länder wie Australien oder Chile sind Partner, doch zahlreiche potenzielle Förderländer – darunter Kasachstan oder die Mongolei – stehen politisch eng an China oder Russland gebunden.
Schwedens Schatz unter dem Eis
Hoffnung macht ein Fund in Lappland: Der staatliche Bergbaukonzern LKAB entdeckte 2023 in Kiruna über eine Million Tonnen Seltenerdoxide – die größte bekannte Lagerstätte Europas. Der Clou: Die Erze fallen dort als Nebenprodukt des bestehenden Eisenerzabbaus an. Das macht die Förderung robuster gegenüber Preisschwankungen und wahrscheinlicher finanzierbar.
Doch Euphorie wäre verfrüht. Fachleute gehen von zehn bis fünfzehn Jahren aus, bis aus dem Rohstoff ein europäisches Hightech-Magnetmaterial werden könnte. Verarbeitungsanlagen, Raffinerien und Infrastruktur fehlen. Schweden besitzt zwar strenge Umweltstandards, doch auch diese erhöhen die Kosten – im Gegensatz zu China, wo jahrzehntelang unter freiem Himmel ausgelaugt und verkippt wurde.
Forschung liefert Hoffnung – aber noch kein Volumen
Technologische Innovation könnte ein Wendepunkt werden: Chinesische Forscher stellten eine „grünere“ Gewinnungsmethode vor, bei der elektrische Ströme Teile der chemischen Aufbereitung ersetzen. Erste Pilotanlagen laufen seit 2023. Doch bis solche Verfahren industriell skalieren, ist es ein weiter Weg.
Die geopolitische Realität bremst
Europa sucht fieberhaft Alternativen: Serbien verfügt über relevante Vorkommen, doch dort scheitert bereits der Lithiumabbau am Widerstand der Bevölkerung. In der Türkei schlummert ein riesiges SEO-Potenzial – doch Ankara signalisiert, dass Washington Priorität erhält. Selbst in Sachsen liegen nutzbare Lagerstätten, jedoch in einem Umfang, der nicht ansatzweise reicht, um Europas Bedarf zu decken.
Die Ukraine wäre theoretisch ein Ausweg, scheidet aber aufgrund des Kriegs und der völligen Unsicherheit über industrielle Stabilität auf Jahre aus.
Die Rohstoffwende kommt – aber viel zu langsam
Europa will weg von Chinas toxischer Wertschöpfung – doch die Realität zeigt: Eine umfassende Rohstoffsouveränität bleibt ein Langfristprojekt. Die EU kann Teilketten aufbauen, Veredelungskapazitäten fördern und Partnerschaften erweitern. Doch solange Kiruna nicht produziert, Raffinerien fehlen und geopolitische Umbrüche drohen, bleibt die Abhängigkeit bestehen.
China kontrolliert weiterhin den Großteil der globalen Lieferkette – und besitzt damit nicht nur ökonomische, sondern auch strategische Macht. Europas Wende beginnt erst. Beijing ist längst mittendrin.


