Bundeskartellamt zu nicht-suchgebundener Online-Werbung: Bedeutende Marktposition von Alphabet/Google, unzureichende Transparenz bei Programmatic Advertising
Das Bundeskartellamt hat heute den Abschlussbericht seiner Sektoruntersuchung im Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung veröffentlicht.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Nicht-suchgebundene Online-Werbung ist eine zentrale Quelle der Finanzierung für die Online-Dienste zahlreicher Anbieter in der Internetwirtschaft. Mit unserer Sektoruntersuchung leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Information über das hochkomplexe System des automatisierten Handels mit Online-Werbeplätzen und dessen wettbewerbliche Bedeutung.“
Die Sektoruntersuchung konzentriert sich auf die Marktverhältnisse und Funktionsmechanismen im Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung. Kein Gegenstand der Untersuchung ist hingegen Werbung, die als Reaktion auf eine Anfrage an eine Suchmaschine erscheint (suchgebundene Werbung).
Die technische Ausgestaltung der nicht-suchgebundenen Online-Werbung ermöglicht einen hochgradig komplexen automatisierten Handel mit Werbeflächen sowie die damit verbundene Ausspielung und Messung der Werbung (Programmatic Advertising). Insbesondere Alphabet hat eine herausragende Stellung in diesem Gesamtsystem. Das Unternehmen ist auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette der nicht-suchgebundenen Online-Werbung vertreten und hat bei praktisch allen relevanten Dienstleistungen eine außerordentlich starke Marktposition inne. Darüber hinaus verfügt Alphabet durch die Suchmaschine Google Search auch bei der suchgebundenen Online-Werbung über eine bedeutende Marktstellung, so dass dem Unternehmen bei der Werbung im Internet insgesamt eine herausgehobene Position zukommt.
Die Sektoruntersuchung hat zudem eine unzureichende Transparenz des Programmatic Advertising festgestellt. Zahlreiche Marktteilnehmer beklagen, dass es nicht möglich sei nachzuvollziehen, wie erfolgreich ihre Werbung ist, da sie keine Informationen über die Wirkung ihrer Werbemaßnahmen bekämen.
Intransparent ist die Situation auch für die Nutzerinnen und Nutzer. Ihre Daten sind die wichtigste Grundlage des „Programmatic Advertising“. Was mit ihren Daten geschieht, wer sie bekommt oder wie sie verwandt werden, ist für sie schwer zu überblicken. Es gibt verschiedene rechtspolitische Vorschläge zur Einschränkung von Datenerhebung und -verwendung für Werbezwecke. Das Bundeskartellamt hat sich hiermit unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten auseinandergesetzt.
Andreas Mundt: „Wir sollten uns ernsthaft fragen, ob wir quasi den „gläsernen“ Internetnutzer wollen, allein aus dem Grund, dass wir bestimmte Produkte oder Serviceleistungen kaufen sollen. Dabei erscheint es wettbewerblich besonders bedenklich, dass nur sehr wenige Unternehmen über Nutzerinnen- und Nutzerdaten aus erster Hand in großer Menge, Aktualität und Vielfalt verfügen. Dieses Ungleichgewicht muss bei möglichen Eingriffen immer berücksichtigt werden. Die Sektoruntersuchung hat wertvolle Erkenntnisse erzielt, welche in laufende und zukünftige Verfahren des Bundeskartellamtes einfließen werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den für die Online-Werbung zentralen großen Digitalkonzernen. Gegenwärtig prüfen wir unter anderem, ob Apples App Tracking Transparency-Initiative und Alphabets Datenkombinationspraktiken mit den Regeln der erweiterten Missbrauchsaufsicht des § 19a GWB vereinbar sind
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Der Abschlussbericht folgt auf den im August 2022 veröffentlichten Diskussionsbericht. Das Bundeskartellamt fasst darin die wesentlichen Erkenntnisse der Sektoruntersuchung und die zum Diskussionsbericht eingegangenen Stellungnahmen zusammen. Ferner wird auf ausgewählte neue Entwicklungen im Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung eingegangen. Der Diskussionsbericht und der Abschlussbericht sind auf der Webseite des Bundeskartellamtes abrufbar.