Bauernproteste: Kritik an Bundesregierung wird mit Aktionswoche verstärkt
Die Unzufriedenheit des Bauernverbandes mit der Bundesregierung findet seit der Vorweihnachtszeit Ausdruck auf den Straßen. In einer Aktionswoche ab Montag wollen die Landwirte auf ihre Lage aufmerksam machen. Verbandspräsident Joachim Rukwied fordert, dass die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ihre Einsparpläne beim Agrardiesel zurückzieht. Die vorgestellten Nachbesserungen der Ampel hält er für unzureichend. Daher wurde die Aktionswoche nicht abgesagt.
Die Auswirkungen der Proteste werden vor allem im Straßenverkehr spürbar sein: Zahlreiche Bauernverbände in den Bundesländern haben Straßenblockaden und andere Behinderungen angekündigt. Die Proteste werden mit einem bundesweiten Streik bei der Bahn von Mittwoch bis Freitag zusammenfallen, den die Lokführergewerkschaft GDL am Sonntagabend angekündigt hat. Die Deutsche Bahn will gerichtlich gegen die Streikpläne vorgehen.
In den sozialen Medien wurde die Aktionswoche der Bauern fälschlicherweise als Generalstreik beworben, unter anderem aufgrund des erwarteten Streiks im Schienenverkehr. In einer Instagram-Nachricht distanzierte sich der Deutsche Bauernverband von Extremisten und Schwachköpfen, die ihre eigenen Anliegen mit den Protesten vereinnahmen wollen. Ein Generalstreik ist in Deutschland rechtlich nahezu unmöglich. Zudem sind im Bauernverband auch Arbeitgeber organisiert, die zu Protesten aufrufen können, jedoch keinen rechtlich geschützten Streik.
Ab Montag werden die Landesbauernverbände mit verschiedenen Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam machen. Neben Kundgebungen und Demonstrationen sind auch Straßenblockaden, Traktorenkolonnen und Autokorsos geplant. In Bayern haben andere Branchen ihre Unterstützung angekündigt oder nutzen die Gelegenheit, um gleichzeitig eigene Anliegen zu präsentieren.
Die Aktionswoche erreicht am 15. Januar ihren Höhepunkt mit einer Großdemonstration in Berlin, bei der laut Polizei 10.000 Teilnehmer mit zahlreichen Traktoren erwartet werden.
Einige Kommunen, wie etwa Hamburg, warnen bereits vor einem Verkehrschaos. In Erfurt plant der Thüringer Bauernverband den Protest mit 900 Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Aufgrund der Größe ihrer Fahrzeuge haben die Landwirte die Möglichkeit, den Verkehr erheblich zu beeinträchtigen.
Die konkreten Auswirkungen werden regional sehr unterschiedlich sein. Während einige Landesverbände auch die Blockade von Autobahnauffahrten planen, verzichten andere darauf. In Brandenburg wurden die Lehrkräfte angewiesen, sich auf Fernunterricht einzustellen, falls Schülerinnen und Schüler nicht am Unterricht teilnehmen können. Die meisten Aktionen dürften nur einige Stunden dauern und keinen ganzen Tag in Anspruch nehmen. Die größten Auswirkungen sind vor allem am Vormittag zu erwarten.
Die Bundesregierung plante Aussparungen bei Vergünstigungen für Agrardiesel und Kfz-Steuer, um Haushaltslücken zu schließen. Am Donnerstag gab sie jedoch bekannt, die geplanten Kürzungen der Subventionen teilweise zurückzunehmen. Die Kfz-Steuerbefreiung soll bestehen bleiben, die Abschaffung der Steuerbegünstigung für Agrardiesel soll gestreckt und in mehreren Schritten umgesetzt werden.
Die Landwirte lassen sich davon jedoch nicht beruhigen. Rukwied betonte, dass dies nur ein erster Schritt sei und forderte weiterhin die komplette Rücknahme der Kürzungsvorschläge.
Bereits vor Weihnachten protestierten Landwirte gegen die Regierungspläne. Dabei kam es teilweise zu Verkehrsbehinderungen. Bei einer großen Demonstration am 18. Dezember in Berlin nahmen laut Verbandsangaben über 3000 Traktoren teil, während die Polizei von 1700 sprach.
Können die Bauernproteste den Bahnverkehr beeinträchtigen?
Sofern das Arbeitsgericht in Frankfurt die Pläne der Lokführergewerkschaft GDL nicht stoppt, ja. Personen, die aufgrund möglicher Straßenblockaden auf die Bahn umsteigen möchten, sollten sich für Mittwoch, Donnerstag und Freitag genau darüber informieren, welche Züge tatsächlich fahren.
Die GDL hat von Mittwoch, 2.00 Uhr, bis Freitag, 18.00 Uhr, zu einem bundesweiten Arbeitskampf aufgerufen. Neben der Bahn sind auch Transdev und die City-Bahn Chemnitz betroffen. Es ist davon auszugehen, dass ähnliche Auswirkungen wie bei den beiden GDL-Warnstreiks im letzten Jahr zu erwarten sind. Damals fielen über 80 Prozent des Fernverkehrsangebots aus und in einigen Bundesländern wurde kaum noch Regionalverkehr angeboten.
Die Bahn hat angekündigt, einen Eilantrag zu stellen, um die Arbeitsniederlegung gerichtlich zu verhindern. Die Richter in Frankfurt könnten sich bereits am Montag mit dem Fall befassen.
Können die Proteste als Generalstreik bezeichnet werden?
Nein, Generalstreiks sind in Deutschland so gut wie ausgeschlossen und der Begriff ist für die bevorstehenden Ereignisse unpassend. Das Streikrecht ist ein wertvolles Gut, doch es bezieht sich auf den Abschluss von Tarifverträgen und nicht auf politische Ziele oder Ideen. Laut Ernesto Klengel vom Hugo-Sinzheimer-Institut für Arbeits- und Sozialrecht sind politische Streiks in Deutschland nicht möglich, ebenso wie Generalstreiks für politische Ziele.
Teilnehmer eines Streiks für Tarifverträge sind rechtlich geschützt. Ein solcher Arbeitskampf kann beispielsweise nicht als Kündigungsgrund genannt werden. Der Schutz gilt jedoch nicht für Proteste oder Demonstrationen während der Arbeitszeit. Personen, die diese Woche die Arbeit niederlegen, um sich mit den Bauern gegen die Politik der Bundesregierung zu solidarisieren, riskieren daher Konsequenzen.
(Aktiennamen: Deutsche Bahn, GDL, Transdev) (eulerpool-AFX)