Analyse: Sturmwarnungen - Panikmache oder Besonnenheit?

Washington (dpa) - US-Präsident Barack Obama sparte nicht an Dramatik, als er die Nation auf den nahenden Riesen-Wirbelsturm «Irene» einstimmte. «Alles deutet darauf hin, dass dies ein historischer Hurrikan ist», meinte er am Freitag, um danach seinen Urlaub abzubrechen und ins Weiße Haus zurückzueilen.

Andere Amtsträger fanden drastische Worte: «Haut verdammt noch mal vom Strand ab! Brauner werdet Ihr nicht! Haut vom Strand ab!», fuhr New Jerseys gewichtiger Gouverneur, Chris Christie, seine Bürger an. Und New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg ordnete zum ersten Mal in der Stadtgeschichte die Räumung tieferliegender Gegenden an und machte den öffentlichen Nahverkehr dicht. Er wurde nicht müde, vor dem «lebensbedrohlichen Sturm» zu warnen.

Vielleicht war es den eindringlichen Mahnungen zu danken, dass - angesichts der Ausmaße des Sturms - nach ersten Erkenntnissen verhältnismäßig wenige Menschen zu Schaden kamen. Für andere waren die Schreckensszenarien der Meteorologen und Medien schlichte Panikmache.«Dieser Hype über Hurrikan "Irene" löst eine Massenhysterie im gesamten Nordosten aus», meinte ein Blogger aus Philadelphia. «Die Medien machen ein Reiseding daraus, wie bei jedem größeren Wetterereignis der Fall ist.» Und ein Fernsehmoderator fragte in die Kamera: «Ist das hier nicht so wie bei der Geschichte mit dem kleinen Jungen, der sein Dorf so oft vor dem Wolf warnt, bis ihm am Ende keiner mehr glaubt?»

New Jerseys Gouverneur Christie, aus dessen Staat eine Million Einwohner vor «Irene» fliehen mussten, will davon nicht wissen. «Das ist keine Überreaktion - wir müssen uns darauf vorbereiten», meinte er. «Ich lebe hier mein ganzes Leben, und ich kenne die Geschichte von dem Jungen und dem Wolf. Das ist hier nicht der Fall.»

Es war das dramatische Versagen der Behörden bei Hurrikan «Katrina», der vor sechs Jahren Tod und Zerstörung über New Orleans gebracht hatte, das US-Politiker seitdem einen anderen Ton anschlagen lässt, wenn Amerika wieder eine Naturkatastrophe droht. 1500 Menschen starben damals, als rund um die Jazz-Metropole die Dämme brachen.

Lokalpolitikern wurde damals vorgeworfen, Evakuierungspläne zu zögerlich umgesetzt zu haben. Auch die Bundesregierung und allen voran die Behörde für Katastrophenmanagement (FEMA) schien planlos, gelähmt, chaotisch. Die Koordinierung der Hilfe dauerte Tage. Der US-Kongress gab Behörden auf allen Ebenen die Verantwortung für das Desaster. Für den damaligen Präsident George W. Bush wurde das Drama zum politischen Sargnagel.

Als 2008 Hurrikan «Gustav» die Gegend um New Louisiana bedroht und - als Lehre aus «Katrina» - die Behörden zwei Millionen Menschen zur Flucht bringen und von der «Mutter aller Stürme» sprechen, sind darüber nicht alle glücklich. «Das war die erfolgreichste Panikmache vor einem Hurrikan, die es je gab», meinte ein Kenner der Stadtpolitik in New Orleans. «Die Behörden wollten, dass die Leute verschwinden, damit sie sich hinterher auf die Schulter klopfen können.» Die Folge seiner Ansicht nach: «Beim nächsten Alarm werden sich Tausende, die sich diesmal aufgemacht haben, einfach bleiben.»

Wenig später bedroht im Herbst 2008 der Hurrikan «Ike» Texas, worauf die Behörden 2,5 Millionen Menschen zur Abreise auffordern. «Es wird immer wieder Menschen geben, die Zwangsräumungen kritisieren und infrage stellen. Aber unsere Politik ist: Busse statt Body Bags (Leichensäcke)», meinte Gouverneur Rick Perry seinerzeit.

Alles deutet darauf hin, dass es auch künftig bei drastischen Warnungen von Behörden und Politikern bleiben wird, wenn wieder ein Hurrikan die US-Küste bedroht - selbst wenn sie Gefahr laufen, dass sich die starken Worte abnutzen. «Wir haben herausgefunden, dass Zögerlichkeit der Behörden oder schwächere Worte nicht funktionieren», sagte der Direktor des Nationalen Zentrums für Katastrophenvorbereitung, Irwin Redlener, dem US-Magazin «Newsweek».

Wetter / Unwetter / USA
28.08.2011 · 21:40 Uhr
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