Analyse: Fromm - Zerknirscht, reumütig, erklärungslos

Berlin (dpa) - Bei aller demonstrativen Sachlichkeit wirkt Heinz Fromm bedrückt. Sechs Stunden mit einer Pause erläuterte er vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages öffentlich das Scheitern des Verfassungsschutzes.

Seine Behörde und er persönlich kümmerten sich über Jahre nicht um das untergetauchte Terrortrio. Wird der Verfassungsschutz wohl jemals wieder Vertrauen zurückgewinnen? «Das wird sehr schwer.»

So präzise der scheidende Präsident teils über Abläufe in seinem Amt berichtet - der Tag des Heinz Fromm fünf Monate nach Beginn der Ausschussarbeit dürfte das Ansehen des Verfassungsschutzes kaum wieder herstellen. Bei entscheidenden Fragen klaffen weiter Aufklärungslücken.

An vielen Stellen übt sich der Zeuge in Selbst- und Behördenkritik. Borniert sei man beim Ausblenden der Gefahr rechtsterroristischer Strukturen gewesen. Der Präsident will nicht verteidigen, was nicht zu verteidigen ist.

«Das, was praktiziert worden ist, war rechtmäßig», sagt Fromm so trocken wie in seiner ganzen Aussage zur mangelhaften Kooperation der Behörden. «Rechtmäßig, aber nicht sinnvoll?», hakt Ausschusschef Sebastian Edathy (SPD) nach. Fromm: «Ja.»

Keinen Aufschluss gibt es vor allem zur mysteriösen Vernichtung der Akten zu den acht V-Leuten des Verfassungsschutzes im Thüringer Heimatschutz, aus dem sich das Terror-Trio entwickelte.

Das Löschen könne so gelaufen sein, dass der verantwortliche Beamte es eben gemacht habe, wie verabredet - nach dem Motto: Akten, die nicht mehr gebraucht werden, werden gelöscht. Warum dann ausgerechnet die Löschung kurz nach Auffliegen des Trios? «Ich hab keine überzeugende Erklärung», sagt Fromm. Es hätte nicht passieren dürfen.

Der ehemalige, für das Schreddern verantwortliche Referatsleiter hat zuvor in geheimer Sitzung einen verheerenden Einblick in den Umgang der Behörde mir ihrem wichtigsten Gut gegeben: den Akten. Es gleiche einer Lotterie, ob Akten zur Erkenntnis-Beschaffung gelöscht oder aufbewahrt würden, sagt Unions-Obmann Clemens Binninger. Grünen-Obmann Wolfgang Wieland meint, die Aktenführung sei völlig freihändig gewesen. Löschungsvermerk? Fehlanzeige.

Warum trat Fromm den Rückzug in den vorzeitigen Ruhestand an? Es stecke kein Geheimnis dahinter. «Ich kann ihnen versichern, dass es keine weiteren Gründe gegeben hat.» Nach Bekanntwerden des Nazi-Terrors im November habe er gedacht: «Du kannst jetzt nicht weglaufen.»

Grund, dass er es doch tut, sei der Schaden für den Verfassungsschutz durch die Aktenvernichtung - vor allem «der Versuch, diesen Fehler zu vertuschen». Er habe sich nicht darauf verlassen können, dass seine Mitarbeiter ihm die Wahrheit sagen. «Jetzt ist eine Situation entstanden, wo das Amt unter meiner Leitung derartig in die Schlagzeilen gekommen ist.» Er wünsche sich, dass herauskomme, das der Grund alleine in Dilettantismus liege.

Plötzlich kocht die brisante Frage wieder hoch, ob etwa Beate Zschäpe vom Terrortrio doch als V-Frau angeworben werden sollte? Noch am Vortag schien nach der ersten Einsicht von ungeschwärzten Akten durch die Parlamentarier klar: Vom Terrortrio wurde niemand angeworben. Nun räumt Fromm selbst Datenlücken in einer Computerdatei zu den V-Leuten bei den Thüringer Neonazis ein - die entscheidenden Papierakten wurden teils geschreddert. FDP-Obmann Hartfrid Wolff bohrt in Richtung Zschäpe nach.

Grünen-Obmann Wieland fragt Fromm: «Wo nehmen Sie diese Selbstverständlichkeit her, dass sie erstens vollständige Werbungsvorgänge haben und dass zweitens die Beamten in der Frage die Wahrheit gesagt haben?» Fromm: «Wir wissen, welche Akten vernichtet worden sind.» Wieland: «Wodurch?» Fromm bleibt nach einigem Hin und Her die letzte Antwort schuldig. «Ich kann das im Moment nicht beantworten.»

Zweifel bleiben - aber auch unterschiedliche Einschätzungen der Parlamentarier. Unmittelbar vor Wielands Nachbohren hat der Ausschussvorsitzende Edathy in einer Vernehmungspause noch zu Protokoll gegeben, an einer möglichen Anwerbung Beate Zschäpes durch den Verfassungsschutz sei nichts dran. «Diese Spekulation entbehrt jeder Grundlage.»

Extremismus / Kriminalität / Verfassungsschutz
05.07.2012 · 22:01 Uhr
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