Amnesty: «Ethnische Säuberung» gegen Muslime in Zentralafrika

Bangui (dpa) - Menschenrechtler haben christlichen Bürgermilizen in Zentralafrika schwere Verbrechen an der muslimischen Bevölkerung vorgeworfen. Amnesty International beschuldigt die internationalen Friedenstruppen, sie hätten die, so wörtlich, «ethnische Säuberung» in dem Land nicht verhindert.

«Das Ergebnis ist eine Massenflucht der Muslime von historischen Ausmaßen», hieß es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Organisation.

«Die Dringlichkeit der Situation erfordert ein sofortiges Eingreifen», betonte Amnesty-Expertin Joanne Mariner. «Es ist höchste Zeit, dass die Friedensmission in Zentralafrika die Zivilbevölkerung beschützt, Truppen in die betroffenen Gebiete entsendet und dem Exodus ein Ende bereitet.» In dem bitterarmen Land sind bereits über 4000 afrikanische und 1600 französische Blauhelmsoldaten im Einsatz. Die EU will sobald wie möglich weitere 500 Soldaten schicken. Deutschland erwägt, sich mit einem Sanitätsflugzeug zu beteiligen.

Die humanitäre Katastrophe in der Zentralafrikanischen Republik hat nach Ansicht von UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres «unaussprechliche Ausmaße» angenommen. «Schockierende Barbarei, Brutalität und Unmenschlichkeit zeichnen diese Gewalt aus», sagte der Portugiese zum Abschluss seines Besuchs in dem afrikanischen Krisenstaat am Mittwoch.

Das christlich geprägte Land versinkt im Chaos, seit muslimische Seleka-Rebellen im März vergangenen Jahres Präsident François Bozizé gestürzt und die Macht an sich gerissen hatten. Mittlerweile lebten 800 000 Menschen als Vertriebene im eigenen Land, sagte der örtliche Vertreter des Kinderhilfswerks Unicef, Souleymane Diabate, der Nachrichtenagentur dpa. Bei drei Vierteln von ihnen handele es sich um Frauen und Kinder.

«Der Staat ist völlig zusammengebrochen: Handel und Landwirtschaft liegen brach, und die meisten Gesundheitszentren sind zerstört», erklärte Diabate. Die Schulen seien seit Monaten geschlossen, so dass Kinder von den bewaffneten Gruppen rekrutiert würden. «Jeden Tag sterben hier Menschen, das ist schon fast zur Normalität geworden.»

Das Welternährungsprogramm startete am Mittwoch eine Luftbrücke mit Nahrungsmitteln aus dem Nachbarland Kamerun, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. «Wir müssen in der Zentralafrikanischen Republik 1,25 Millionen Menschen in Not erreichen, aber die Unsicherheit auf den Straßen macht dies auf dem Landweg unmöglich», sagte der Leiter des deutschen WFP-Büros, Ralf Südhoff, der dpa. «Deshalb haben wir die schwierige Entscheidung getroffen, Nahrungsmittel einzufliegen, obwohl dies zigfach teurer ist.»

Insgesamt sollen innerhalb eines Monats rund 1800 Tonnen Reis und Getreide für 150 000 Notleidende eingeflogen werden. Das reiche aber bei weitem noch nicht aus: «Es ist ganz wichtig, dass wir jetzt schnell weitere Unterstützung für die Hungernden bekommen», erklärte Südhoff.

Amnesty hatte zuvor im Nordwesten des Landes, wo es die schwerste Gewalt gibt, mit mehr als 100 Augenzeugen gesprochen. Die bisher brutalste Attacke habe sich am 18. Januar ereignet, als Christen in dem Ort Bossemptele mehr als 100 Muslime getötet hätten. Unter den Opfern seien auch zahlreiche Frauen und alte Männer gewesen. «Die internationalen Truppen haben es versäumt, in diese Regionen Soldaten zu entsenden, so dass die Zivilisten ohne jeglichen Schutz waren», so Amnesty International.

Die Berichte der Augenzeugen sind schockierend. Ein kleiner Junge, Abdul Rahman, erzählte Amnesty-Mitarbeitern, er sei Mitte Januar mit seiner Familie in einem Lastwagen unterwegs gewesen, als dieser von einer christlichen Miliz gestoppt wurde. Alle muslimischen Passagiere wurden aufgefordert, umgehend auszusteigen. Kurz danach erschossen die bewaffneten Männer sechs Familienmitglieder des Jungen, darunter drei Kinder.

Konflikte / Hilfsorganisationen / Zentralafrikanische Republik
12.02.2014 · 17:48 Uhr
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