Chaos nach dem Taifun auf den Philippinen

Manila (dpa) - Leichen auf den Straßen, völlig abgeschnittene Ortschaften, Trümmerfelder: Retter und Helfer dringen nach dem verheerenden Taifun «Haiyan» nur langsam zu den Hunderttausenden Opfern in den verwüsteten Regionen auf den Philippinen vor.

An Angeboten aus aller Welt fehlt es nicht, dennoch kommt die Versorgung mit dem Nötigsten nach dem Sturm apokalyptischen Ausmaßes kaum voran. Die philippinische Regierung erklärte die Region zum Katastrophengebiet. Überall liegen Leichen, die Seuchengefahr steigt rapide. Auf vielen Straßen türmt sich der Schutt meterhoch.

Offiziell starben nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde im Osten des Landes bislang mindestens 1774 Menschen, die meisten von ihnen ertranken in tsunamiartigen Flutwellen. Mehr als 2000 Menschen seien verletzt worden. Aber die Schätzungen von Hilfsorganisationen gehen mitunter von mehr als 10 000 Toten aus.

Die Zahlen der betroffenen Überlebenden gehen ebenfalls stark auseinander. Klar ist, dass es Millionen sind. Die Katastrophenschutzbehörde der Philippinen rechnet mit 9 Millionen Betroffenen, die UN sogar mit 9,5 Millionen. Der Leiter der Unicef-Gesundheitsprogramme auf den Philippinen, Willibald Zeck, bezifferte am Montag die Zahl der Betroffenen dagegen auf mindestens 4,7 Millionen. Darunter seien 1,7 Millionen Kinder. «Und wir gehen davon aus, dass die Zahlen weiter ansteigen werden», sagte er der Nachrichtenagentur dpa in der philippinischen Hauptstadt Manila.

Der philippinische Präsident Benigno Aquino beschwor seine Landsleute: «Ich versichere allen: Die Hilfe kommt in den nächsten Tagen schneller an. Ich appelliere an alle: bleibt ruhig, betet und helft einander. Nur so können wir diese Tragödie meistern.»

Doch diese Worte sind vielen kein Trost. Geschäfte sind geplündert, ein Hilfskonvoi wurde nach Angaben des Roten Kreuzes ausgeraubt. «Die Sicherheitslage wird eine immer größere Herausforderung», schrieb der Sprecher des UN-Ernährungsprogramms, Greg Barrow, via Twitter. «Die Bevölkerung bewegt sich vom Land in die Stadt auf der Suche nach Wasser, Essen, Hilfsmitteln.»

Polizeisprecher Reuben Sindac sagte im Fernsehen: «Die Leute sagen, die Situation zwingt die Menschen zu Verzweiflungstaten. Wir haben Verständnis, aber wir können keine Anarchie akzeptieren.»

Der Taifun «Haiyan» wütete seit dem frühen Freitagmorgen auf den Philippinen wie ein Tornado, aber auf einer viele Hundert Mal größeren Fläche. Die Verwüstung ist zu vergleichen mit jener nach dem Tsunami 2004 in Indonesien und auf Sri Lanka. Am Montag traf «Haiyan» in Vietnam auf die Küste und zog weiter über die chinesische Provinz Hainan. Er hatte sich deutlich abgeschwächt.

Die Versorgungslage ist auch deswegen so prekär, weil der Flughafen von Tacloban auf den Philippinen schwer beschädigt ist. Die ganz großen Maschinen können dort nicht landen.

An Bord der ersten Flugzeuge waren Bagger und Kräne, dann kam medizinisches Personal. Im Fernsehen war im fast eingestürzten Flughafengebäude eine Notklinik zu sehen. Eine DRK-Sprecherin umschrieb die Lage so: Der Flughafen von Tacloban liege zehn Kilometer von der Stadt entfernt. Um nach Tacloban zu kommen, brauche man derzeit sechs Stunden mit dem Auto.

Das Technische Hilfswerk (THW) kam mit einem ersten Team in der Hauptstadt Manila an. Fünf Experten bewerteten derzeit die Lage und planten den Hilfseinsatz des THW, teilte die Organisation in Bonn mit. Viele andere Hilfsorganisationen stellten Geld zur Verfügung. Der Fokus lag zunächst darauf, Trinkwasser und Wasseraufbereitungsanlagen in die betroffene Gebiete zu bringen.

Nach drei Tagen in der schwülen Hitze überdecke der Verwesungsgeruch dort alles, sagte eine Augenzeugin im Radio: «Der Gestank ist entsetzlich, die Kinder halten es nicht mehr aus.» Die Lokalbehörden bereiteten Massengräber vor, aber angesichts des Elends der Überlebenden fehlen Helfer für alle Aufgaben. Tausende Soldaten sind im Einsatz, darunter auch die US-Armee.

Reporter erreichten mit Mopeds den Ort Guiuan gut 100 Kilometer südöstlich von Tacloban, wo der Taifun über die Küste hereingebrochen war. Fast alle Häuser und Hütten sind zerstört. Panik scheint es nicht zu geben - vielmehr laufen die Menschen wie betäubt durch die Straßen. Einige suchen in den Trümmern, die kilometerlang die Küste bedecken, nach Brauchbarem.

Die philippinische Regierung kündigte rund 18,8 Millionen Euro Hilfsgelder an. 22 Länder brachten Nothilfen auf den Weg. Deutschland bot als ersten Schritt eine Soforthilfe von 500 000 Euro an. Der Vatikan spendete rund 112 000 Euro. Die EU-Kommission gab 3 Millionen Euro frei, weitere 8 Millionen Euro für den Wiederaufbau sind angekündigt.

Die Vereinten Nationen planen eine umfassende Spendenkampagne für die Philippinen. UN-Nothilfekoordinatorin (OCHA) Valerie Amos werde am Dienstag in Manila einen sogenannten Flash Appeal verkünden, sagte ihr Planungsdirektor John Ging am Montag in New York. Der Aufruf richtet sich an alle 193 UN-Mitgliedsländer. Weil er nicht bindend ist, bleiben die Spendenziele aber oft unerreicht. Zuweilen - wie nach dem Erdbeben auf Haiti vor knapp vier Jahren - werden die Erwartungen aber auch übertroffen.

Amos hat aus ihrem Budget bereits 20 Millionen Dollar (etwa 14,9 Millionen Euro) bereitgestellt. UN-Experten sind bereits im Katastrophengebiet, um die Hilfe zu koordinieren. Auch auf der UN-Klimakonferenz in Warschau spielte die Katastrophe eine Rolle.

Wetter / Unwetter / Philippinen / Vietnam
11.11.2013 · 21:41 Uhr
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