Assange will Auslieferung per Asylantrag verhindern

London (dpa) - Wikileaks-Gründer Julian Assange setzt alles auf eine Karte: Statt gegen seine Auslieferung nach Schweden vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg vorzugehen, hat er sich in die Botschaft Ecuadors im Zentrum London geflüchtet.

Er beantragte Asyl in dem südamerikanischen Land, weil ihn sein Heimatland Australien im Stich gelassen habe. Assange provoziert damit einen Showdown: Ein langer Verbleib in den vergleichsweise bescheidenen Botschaftsräumen Ecuadors scheint aus rein praktischen Gründen kaum möglich zu sein.

Das britische Außenministerium bestätigte am Mittwoch, dass Assange in der Vertretung Ecuadors sei und damit gegen seine Arrestauflagen verstoßen habe. Scotland Yard kann ihn sofort festnehmen, sobald er den Fuß vor die Botschaftstür setzt.

In der diplomatischen Vertretung selbst ist er dagegen «außerhalb der Reichweite der britischen Behörden», wie eine Außenamts-Sprecherin sagte. Auch der von Schweden erwirkte EU-weite Haftbefehl wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung gegen zwei Frauen gilt dort nicht.

Die Regierung in Quito will den Antrag auf Asyl des Australiers prüfen. Das verkündete Außenminister Ricardo Patiño noch am Dienstagabend. Präsident Rafael Correa kennt Assange persönlich. Er war in einer der Talkshows aufgetreten, die Assange für den russischen Fernsehsender Russia Today moderiert.

Bereits im Jahr 2010 hatte Ecuador Assange einen Aufenthalt in dem südamerikanischen Land angeboten, das Angebot aber wenig später zurückgenommen. Ecuador hat Großbritannien offiziell informiert. Diplomaten beider Länder stünden in Kontakt, hieß es aus London.

Der 40 Jahre alte Australier soll auf der Grundlage eines von der schwedischen Staatsanwaltschaft erwirkten, EU-weiten Haftbefehls, nach Schweden ausgeliefert werden. Assange werden von zwei Schwedinnen sexuelle Nötigung und Vergewaltigung bei Kontakten im Sommer 2010 vorgeworfen. Eine Anklage existiert jedoch nicht. Assange, der die Vorwürfe vehement bestreitet und politische Motive dahinter sieht, hat den juristischen Instanzenweg gegen seine Auslieferung in Großbritannien erfolglos ausgeschöpft.

Seine Plattform Wikileaks hatte Tausende diplomatische Depeschen mit teilweise brisanten Inhalten zum Beispiel zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht. Vor allem die US-Regierung kam dabei häufig schlecht weg. Die mutmaßliche Quelle für die Informationen, der US-Soldat Bradley Manning, sitzt in den USA in Militärhaft. Ihm droht lebenslange Haft.

Ein schwedischer Anwalt von Assange erklärte, sein Mandant befürchte wohl die Auslieferung in die USA. «Ich glaube nicht, dass der schwedische Fall in diesem Drama die Hauptrolle spielt», sagte Per E. Samuelson im schwedischen Hörfunk.

In seinem offiziellen Asylantrag macht der Internetaktivist deutlich, er werde politisch verfolgt und sein Heimatland habe ihn im Stich gelassen. Australiens Premierministerin Julia Gillard sagte am Rande des G20-Gipfels in Mexiko, Assange müsse über seine Schritte selbst entscheiden. Australien biete aber jede diplomatische Unterstützung an, wie für jeden anderen Staatsbürger im Ausland ebenfalls. Zu einer möglichen Auslieferung Assanges in die USA wollte sie sich nicht näher äußern.

Assange machte geltend, er werde verfolgt, weil er Informationen veröffentlicht habe, die die Mächtigen kompromittierten, weil er die Wahrheit publiziert habe und damit Korruption und ernste Menschenrechtsverletzungen in aller Welt enthüllt habe. Seine Internetplattform Wikileaks hatte Tausende diplomatische Depeschen mit teils brisanten Inhalten veröffentlicht.

In Schweden löste der Asylantrag Überraschung und Verwunderung aus. Der Anwalt der beiden Frauen, Claes Borgström, sagte im Rundfunk, der Asylantrag werde die Auslieferung möglicherweise herauszögern, aber nicht verhindern.

Assange war Anfang 2011 aus der Auslieferungshaft in Großbritannien gegen strenge Auflagen entlassen worden. Unter anderem muss er eine elektronische Fußfessel tragen und sich täglich bei der Polizei melden. Gegen zumindest eine dieser Auflagen hat er nach Darstellung der britischen Polizei nun mit dem Gang zur Botschaft Ecuadors erstmals verstoßen.

Internet / Kriminalität / Großbritannien / Schweden
20.06.2012 · 17:14 Uhr
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