Warnsignal für Demokratie: Nachlassendes politisches Engagement für Pressefreiheit
diese Botschaft vermittelte Jochen Anderweit, Vorsitzender des Verbands Nordwestdeutscher Zeitungsverlage und Digitalpublisher (VNZV), leidenschaftlich bei der jährlichen Hauptversammlung in Celle. In einer Welt, in der Fake News sich wie ein Lauffeuer verbreiten – vorrangig in den sozialen Netzwerken –, betonte er die Gefährlichkeit schwer erkennbarer Falschnachrichten, die von einflussreichen Organisationen oder sogar Staaten verbreitet werden. Einzelne Länder, zu denen er auch Russland zählt, nutzen bereits ausgeklügelte Strategien, um wesentliche Wahlen und öffentliche Meinungen zu manipulieren. Der VNZV-Vorsitzende erinnerte daran, dass die Gründerväter der Bundesrepublik die Pressefreiheit als eine Säule der Demokratie in das deutsche Grundgesetz eingewoben haben. Nichtsdestotrotz bleibt der ökonomische Erfolg die unverzichtbare Grundlage für Qualitätsjournalismus. Nur durch finanzielle Stabilität ist es privatwirtschaftlich organisierten Medien möglich, ihre unabdingbare demokratiesichernde Funktion auszuüben. Anderweit unterstreicht, dass er bei politischen Treffen immer wieder den Stellenwert einer vielfältigen Presselandschaft für eine lebendige Demokratie betont. Er kritisiert allerdings, dass trotz Lippenbekenntnissen zur Wichtigkeit freier Medien keine konkreten Maßnahmen von politischer Seite angeboten werden, um die wirtschaftliche Grauzone zu durchbrechen, in der sich besonders kleine Verlage befinden. Die passiv wirkende Haltung der Politik könnte laut Anderweit als eine Art 'aktive Sterbehilfe' für die freie Presse interpretiert werden. Die Ansichten vieler Politiker zur Medienbranche müssen sich grundlegend ändern, ansonsten sieht Anderweit eine düstere Zukunft. Zudem bemängelte er die Ähnlichkeit der Online-Präsenz öffentlich-rechtlicher Medien mit privatwirtschaftlichem Journalismus und die politische Förderung nicht-privatwirtschaftlicher Medienformen. Der VNZV, der 42 Zeitungstitel und 3 Digitalpublisher vertritt, verzeichnete im letzten Quartal des vorangegangenen Jahres eine Gesamtauflage von über 626.000 Exemplaren für seine Zeitungen. Im Vergleich dazu lag die Gesamtauflage aller in Niedersachsen publizierten Tageszeitungen bei etwas mehr als einer Million Exemplare. (eulerpool-AFX)