Volle Gefängnisse: Kalifornien entlässt Häftlinge

San Francisco (dpa) - Kalifornische Gefängnisse platzen aus den Nähten: Wegen totaler Überfüllung drängen sich oft hunderte Häftlinge in Großraum-Zellen mit Etagenbetten oder in provisorische Baracken mit Matratzenlagern.

Die Zustände sind «häufig gefährlich und mitunter auch tödlich», befand ein Richtergremium des US-Westküstenstaates. Am Dienstag ordneten die Bundesrichter an, dass der Staat innerhalb von zwei Jahren über 40 000 Häftlinge entlassen muss. In den deutlich überbelegten Haftanstalten werden die Grundrechte der Gefangenen verletzt, begründeten sie ihre Entscheidung.

Zwei Häftlinge hatten Klage eingereicht. Sie prangerten unter anderem mangelnde Hygiene und eine schlechte Gesundheitsversorgung an. Diese Zustände führten zu mehr Gewalt und mehr Selbstmorden, befanden die Richter nach Angaben der «Los Angeles Times». Für die vielen Insassen gäbe es viel zu wenige Ärzte, Krankenschwestern und Therapeuten.

Das Gericht gibt dem Staat eine Frist von 45 Tagen, um einen Plan vorzulegen, wie die Zahl von derzeit rund 150 000 Insassen in 33 Gefängnissen auf 110 000 Häftlinge reduziert werden kann. In den staatlichen Haftanstalten ist eigentlich nur Platz für 84 000 Menschen. Schon 2006 habe Gouverneur Arnold Schwarzenegger einen «Strafvollzug-Notstand» ausgerufen, erinnerten die Richter. «Sofortiges Handeln ist nötig, um Tod und Unheil zu verhindern», warnte Schwarzenegger damals. Doch dem Staat fehlt das Geld für den Bau neuer Gefängnisse, gegen die Entlassung von Häftlingen laufen vor allem konservative Gruppen Sturm.

Überall in Kalifornien würden «gefährliche Kriminelle» in die Gemeinden entlassen werden, attackierte der republikanische Senator George Runner die Anordnung der Richter. Das Gremium spricht in seiner 185 Seiten starken Begründung dagegen von einer Maßnahme, die keinen «nennenswerten Einfluss auf die öffentliche Sicherheit» haben werde. Ihre Vorschläge: Kleinkriminelle, die den größten Teil ihrer Strafe verbüßt haben, könnten früher auf Bewährung frei kommen. Andere könnten unter Hausarrest gestellt oder in Arbeits- und Rehabilitationsprogrammen außerhalb der Gefängnismauern untergebracht werden.

Schwarzenegger macht sich seit langem für die Abschiebung von rund 19 000 illegalen Einwanderern stark, die in kalifornischen Gefängnissen einsitzen. Sacramento hat in den letzen Jahren bereits 7900 Häftlinge in Nachbarstaaten verlegt, die noch Platz hinter Gittern haben.

«Wir verlegen unsere Arbeitsplätze ins Ausland, warum nicht auch unsere Häftlinge?», schlug ein Leser am Dienstag im «San Francisco Chronicle» vor. «Zu viele Leute sitzen wegen kleinen Drogenvergehen im Knast. Wir sollten Drogen legalisieren und sie laufen lassen», empfiehlt ein anderer.

Die Schattenseite des Sonnenstaates Kalifornien: In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der Häftlinge von 90 000 auf über 150 000 angewachsen. Eine größere Rolle spielt dabei der verschärfte Kampf gegen die Drogenkriminalität und die harte Linie der «Null-Toleranz»-Strategie. Tausende verbüßen wegen der sogenannten «Three Strikes»-Rechtsprechung lange Haftstrafen. Die kalifornischen Wähler hatten sich 1994 für das Gesetz ausgesprochen, damit der Staat härter gegen Schwerverbrecher vorgehen kann. Nach einer dritten Straftat können Wiederholungstäter - auch bei geringfügigen Vergehen - zu lebenslanger Haft verurteilt werden. Seither sind aber auch viele Kleinkriminelle wegen Delikten wie Ladendiebstahl und unerlaubtem Drogenbesitz zu langen, der Einzeltat nicht angemessenen Haftstrafen verurteilt worden.

Justiz / USA
05.08.2009 · 19:59 Uhr
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