Umstrittener Zusatznutzen: Lecanemab unter kritischer Lupe des IQWiG
Der US-amerikanische Hersteller Biogen und sein japanischer Partner Eisai stehen für ihr neues Alzheimer-Medikament Lecanemab in Deutschland vor einer großen Herausforderung. Der jüngste Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sieht keinen belegten Zusatznutzen des Mittels gegenüber bestehenden Behandlungsstandards. Dennoch hagelt es Kritik an den Bewertungsgrundlagen dieser Analyse. Lecanemab, das in Europa seit April als Leqembi zugelassen ist, ist seit September im deutschen Markt erhältlich.
Besonders beunruhigend könnte das Urteil des IQWiG für Biogen und Eisai ausfallen, weil es nicht nur Patienten mit leichten kognitiven Störungen betrifft, sondern auch jene mit einer leichten Demenz. Diese zwei Patientengruppen zeigen laut IQWiG keine eindeutigen Vorteile im Vergleich zu Personen, die lediglich beobachtet oder mit älteren, in Deutschland gängigen symptomatischen Mitteln behandelt werden – darunter Acetylcholinesterase-Hemmer, die lediglich die Symptome adressieren und nicht die ursächlichen Prozesse der Alzheimer-Erkrankung.
Jörg Schulz, Neurologe der Uniklinik RWTH Aachen, äußerte kritische Bedenken zu den verwendeten Bewertungsmethoden des IQWiG, die sich von jenen der EU-Zulassungsstudie unterscheiden. Zudem bemängelte er die Gruppeneinteilung der Patienten, die Ergebnisse seien dadurch verzerrt. Daniela Preukschat des IQWiG unterstrich, dass in der Bewertung bislang unveröffentlichte Daten einbezogen wurden, gleichwohl noch relevante Informationen fehlen.
Ein weiteres Medikament, Donanemab, wird derzeit ebenfalls vom IQWiG geprüft. Währenddessen erstatten die gesetzlichen Krankenkassen den vollen Herstellerpreis von Lecanemab bis zu sechs Monate nach dessen Markteintritt. Die endgültige Bewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses zum Zusatznutzen wird im Februar erwartet und entscheidet mit darüber, wie viel die Krankenkassen letztlich zahlen.
Interessanterweise zeigen frühe Studien, dass Lecanemab den Krankheitsverlauf bei bestimmten Alzheimer-Patienten im Frühstadium temporär verlangsamen kann, eine komplette Heilung ist allerdings nicht in Aussicht. Biogens früheres Präparat Aducanumab, welches trotz fraglicher Wirksamkeit 2021 in den USA zugelassen wurde, verzeichnete in Europa keinen Markteintritt und wurde Ende 2024 eingestellt.

