Ukraine strebt Modernisierung der Landwirtschaft im Hinblick auf EU-Betritt an
Die Ukraine plant eine grundlegende Modernisierung ihrer Landwirtschaft im Zuge ihres möglichen Beitritts zur Europäischen Union. Dies gab Mykola Melnyk vom ukrainischen Landwirtschaftsministerium während einer Diskussionsrunde auf der Agrartechnikmesse Agritechnica in Hannover bekannt. Der bevorstehende EU-Betritt erhöhe den Druck auf Kiew zusätzlich. Allein im Agrarbereich müssten 12.000 EU-Rechtsakte in nationales Recht umgesetzt werden. "Es ist uns klar, dass wir viel zu tun haben", so Melnyk.
Deutschland hat dem Land dabei Hilfe zugesagt. "Sie können sich sicher sein, dass wir Sie in diesem Bestreben unterstützen", sagte Landwirtschafts-Staatssekretärin Claudia Müller (Grüne). "Wir stehen an ihrer Seite." Die Bundesrepublik könne ihre europäischen Erfahrungen einbringen und wolle zudem alternative Exportrouten für ukrainische Agrarprodukte erschließen sowie bei der Minenbeseitigung auf den Feldern helfen.
Melnyk äußerte sich zu den ehrgeizigen Plänen der Ukraine in Bezug auf die Getreideproduktion. Ziel war es, die Weizenernte des wichtigen Exporteurs von 86 Millionen Tonnen im Jahr 2021 auf 100 Millionen Tonnen zu steigern. Nach dem Angriff Russlands im Februar 2022 habe sich jedoch die Anbaufläche um ein Viertel verringert, was zu einem Rückgang der Getreideproduktion um mehr als ein Drittel führte. Zudem erschwere die Blockade des Schwarzmeerhafens Odessa den Export. Die Agrar-Ausfuhr sei seit 2021 um gut ein Viertel auf voraussichtlich 50 Millionen Tonnen in diesem Jahr gesunken. Melnyk betonte, dass die russische Aggression das Wachstum gestoppt habe.
Die Ukraine ist einer der wichtigsten Getreidelieferanten der Welt. Vor dem Überfall Russlands habe das Land die Versorgung von 600 Millionen Menschen weltweit sichergestellt, so der Vertreter des Kiewer Agrarministeriums. Auch bei Mais und Sonnenblumenöl gehöre die Ukraine zu den bedeutendsten Herstellern.
Melnyk betonte, dass das größte Problem derzeit nicht in der Produktion, sondern im Export bestehe. Aufgrund der Blockade des Odessa-Hafens durch Russland werde verstärkt auf den Transport per Binnenschiff über die Donau gesetzt. Die dafür erforderlichen Anlagen würden ausgebaut.
Aufgrund der erschwerten Exportbedingungen haben die ukrainischen Bauern begonnen, statt vor allem Weizen vermehrt Soja und Sonnenblumenöl zu produzieren. Zudem führte der Wegfall des Auslandsgeschäfts zu einem Preisverfall im Inland, da die Bauern ihre Produkte vermehrt im Inland anbieten.
"Der Agrarsektor leidet seit zwei Jahren unter Verlusten", sagte Oleksandra Avramenko vom ukrainischen Landwirtschaftsverband UCAB. Dies erschwere es den Betrieben, das Geld für die notwendige Transformation aufzubringen. Sie hoffe daher auf Unterstützung und Fördergelder aus Brüssel.
Nachdem die Ukraine 2022 zum EU-Beitrittskandidaten erklärt wurde, empfahl Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vergangene Woche, Verhandlungen zu beginnen. Sie sieht das Land auf gutem Weg, die entsprechenden Vorgaben zu erfüllen. (eulerpool-AFX)