Turbulenter Fortgang im Wirecard-Musterverfahren: Anwaltswechsel sorgt für Verwirrung
Die juristischen Turbulenzen im Wirecard-Musterverfahren um die Schadensersatzansprüche Tausender Aktionäre nehmen kein Ende. Der renommierte Rechtsanwalt Peter Mattil hat überraschend sein Mandat niedergelegt. Grund für diesen Schritt sind tiefgreifende Differenzen mit einem zweiten Anwalt im Verfahren. Mattil betonte, dass die Strategien der beiden Kanzleien unvereinbar seien.
Unterdessen steht das Musterverfahren beim Bayerischen Obersten Landesgericht vor der fundamentalen Entscheidung, ob Wirecard-Aktionäre Anspruch auf Schadensersatz geltend machen können. Im Fokus der Klagen steht das Wirtschaftsprüfungsunternehmen EY, das die Bilanzen des mittlerweile insolventen Finanzdienstleistungsriesen testierte. Vom früheren Vorstandsvorsitzenden Markus Braun und weiteren ehemaligen Führungskräften erwarten wenige Beobachter eine finanzielle Wiedergutmachung.
Der zentrale Musterkläger, ein hessischer Banker, erlitt Verluste in Höhe von einer halben Million Euro durch seine Investitionen in Wirecard-Aktien. Fast 8.700 Geschädigte haben Ende letzten Jahres Klage eingereicht; weitere 19.000 Anleger haben Ansprüche angemeldet, führen jedoch keine eigenen Klageverfahren.
Die Meinungsverschiedenheiten unter den Anwälten traten frühzeitig im Musterprozess zutage. Zudem hatte das Bayerische Oberste Landesgericht bereits im Februar die Erwartungen der Kläger gebremst: Eine vorläufige Entscheidung stellte klar, dass im vorliegenden Kapitalanleger-Musterverfahren keine Ansprüche gegen EY erhoben werden können. Allerdings hatten die Richter die Möglichkeit offengelassen, dass Aktionäre in separaten Prozessen Klagen einreichen könnten.
Das Musterverfahren läuft zeitgleich mit dem Strafprozess gegen Markus Braun und zwei Mitangeklagte, die sich seit Dezember 2022 wegen des Verdachts auf bandenmäßigen Betrug sowie weiterer Anklagepunkte vor Gericht verantworten und von denen einer bis heute in Untersuchungshaft sitzt.