Thames Water wankt: Engpässe und Eklats bei Großbritanniens größtem Wasserversorger
Der größte Wasserversorger Großbritanniens steht kurz vor einer existenziellen Krise. Thames Water, das 16 Mio. Kunden in London und Umgebung beliefert, verfügt nur über genügend Liquidität, um sich gut fünf weitere Wochen über Wasser zu halten. Am 24. März steht eine 200 Mio. Pfund fällige Schuldentranche an, für die keine ausreichenden Mittel vorhanden sind. Zur Schonung der Liquidität bittet das Unternehmen seine Gläubiger um Zeitaufschub, riskiert laut General Counsel Andy Fraiser jedoch trotz eines möglichen Entgegenkommens, „auf dem letzten Tropfen Sprit“ zu laufen.
Unterdessen ist das Unternehmen mit 19 Mrd. Pfund hoch verschuldet und hofft, mittels eines bis zu 3 Mrd. Pfund umfassenden Darlehens – bereitgestellt von vorrangig besicherten Gläubigern wie Elliott Management – die Zeit zu gewinnen, die für eine Restrukturierung benötigt wird. Der Deal bedarf jedoch der Zustimmung des Londoner High Court, dessen Urteil in der kommenden Woche erwartet wird. Ein zweites Kreditangebot befindet sich in Konkurrenz, während Umweltgruppen und der liberaldemokratische Abgeordnete Charlie Maynard gar für eine staatliche Sonderverwaltung plädieren.
Für zusätzliche Verwicklungen sorgt die Auseinandersetzung mit der Regulierungsbehörde Ofwat: Erst am Freitag kündigte Thames Water an, gegen die Entscheidung über limitierte Tariferhöhungen in Berufung zu gehen. Der Ausgang ist mitentscheidend, ob zumindest die Hälfte des Rettungskredits fließt – und beeinflusst parallel laufende Pläne, frisches Eigenkapital einzuwerben. Hierzu soll Thames Water bis Ende Februar eine Vorauswahl möglicher Investoren getroffen haben.
Eine Reihe drängender Fristen und rechtlicher Verfahren stehen nun bevor: Das Urteil des High Court, die Berufung gegen die Ofwat-Vorgaben und die anvisierte Einigung mit neuen Anlegern bestimmen allesamt die Zukunft des größten britischen Wasserversorgers. Dass die Wasserhähne für Millionen Menschen abgedreht werden, gilt angesichts gesetzlicher Regelungen zwar als unwahrscheinlich – doch der mögliche Default von Thames Water stellt das gesamte Privatisierungsmodell englischer Versorgungsbetriebe seit 1989 in Frage.