Stolz wie Oscar: Uruguay verzaubert von seiner Elf
An einem sonnigen Wintertag verfolgten zwar weniger Menschen auf Straßen und Plätzen der Hauptstadt Montevideo die Partie als bei früheren Spielen. Aber die Reaktionen der hellblau-weiß geschminkten Fans waren von Dankbarkeit gekennzeichnet und vor allem von Stolz auf Oscar Tabárez, den Nationaltrainer, und die «Helden» auf dem Rasen. Am Montag wird ihnen in Montevideo ein triumphaler Empfang bereitet werden. Ein ganzes Land ist von seiner Nationalelf verzaubert.
«Eines der besten Spiele der ganzen WM», war ein oft zu hörender Kommentar zu der Begegnung. «David gegen Goliath», so empfanden viele Uruguayer das Spiel gegen Deutschland. «Wir hätten die Partie auch gewinnen können», beharrte Tabárez, den alle nur den «Maestro» nennen. «Eine solche Niederlage schmerzt nicht sehr», meinte Diego, der das Spiel in Montevideo bei einem Asado, dem typischen Grillfest mit viel Fleisch und Rotwein, zusammen mit Freunden gesehen hatte.
Nach dem Abpfiff, während die Deutschen in Südafrika aufs Siegerpodium stiegen, kurvten in ganz Uruguay mit Nationalflaggen geschmückte Autos hupend durch die Gegend. Die Stimmung war nach den nervenaufreibenden vorangegangenen Spielen wesentlich entspannter. Auch den Deutschen wurde Lob gezollt: «Sie haben viel schöner als früher gespielt», meinte ein Fan in Montevideo. «Vielleicht waren sie sogar ein wenig besser als wir, zumindest was die Kondition anbelangt», gestand er ein.
Weniger gut kam Tintenfisch Paul weg. «Er hat wieder recht gehabt», titelte die Zeitung «El Pais». Dabei hatte Tabárez vor dem Spiel in bester Laune die Devise ausgegeben: «Alle gegen Paul», aber gegen das Orakel von Oberhausen waren auch die «Charrúas» so machtlos wie die Deutschen gegen Spanien.
Für die «Urus» war diese WM ein riesen Erfolg. Seit 1970 hatten sie kein Halbfinale mehr erreicht. Die zwei WM-Titel von 1930 und 1950 liegen schon fast ein Menschenleben zurück. Kenner merkten mit leichtem Wehmut an, dass Uruguay 1954, 1970 und jetzt wieder die Spiele um den dritten Platz verloren hat. Für viele hat dennoch eine neue Ära begonnen. Immerhin sind die Uruguayer bei dieser WM die erfolgreichste lateinamerikanische Mannschaft und haben Fußballriesen wie Brasilien und Argentinien abgehängt. Dabei hat das Land nur 3,5 Millionen Einwohner, in etwa so viele Bürger wie Berlin.