Söders Atom-Vision: Ein Märchen aus alter Zeit?
Inmitten der Diskussion um energiepolitische Zukunftsstrategien entbrannte eine hitzige Debatte um Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder und seine Vorschläge zur Einführung neuer Mini-Atommeiler in Deutschland. Die Grünen werfen dem CSU-Chef vage und nostalgische Vorstellungen vor, die auf einem 66 Jahre alten kanadischen Forschungsreaktor basieren.
Die Kritik entzündete sich an einer Antwort des Wirtschaftsministeriums an Martin Stümpfig, den energiepolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion. Stümpfig kritisierte Söders Aussagen als bewusste Irreführung und bezeichnete seine Bezugnahme auf „wundersame smarte Reaktoren“ als Märchenstunde.
In der Realität handle es sich bei dem kanadischen Modell um den "McMaster Nuclear Reactor" an der McMaster University, der primär zu Forschungszwecken im medizinischen Bereich betrieben wird und nie Strom ins Netz eingespeist hat. Stümpfig deutete den Verweis auf diesen historischen Reaktor als ernüchternden Offenbarungseid und wirft Söder vor, Expertenaussagen für einen Reaktivierungsversuch von Isar 2 erfunden zu haben.
Markus Söder hatte in einem Interview mit der „Welt“ betont, dass es ihm nicht um den Bau großer Kraftwerke ginge, sondern um die Prüfung smarter Reaktoren, wie sie in Kanada und der Schweiz entwickelt würden. Diese Aussage wiederholte Söder kürzlich, wenngleich in etwas abgeschwächter Form, auch in seiner Regierungserklärung im bayerischen Landtag.
Stümpfig konterte skeptisch und merkte an, dass die wirtschaftliche Rentabilität kleiner Reaktoren erst ab einer enormen Anzahl gegeben sei und dies von der Staatsregierung nicht kommentiert werde. Söders wiederholte Ablehnung eines vollständigen Atomausstiegs stößt bei den Grünen auf Unverständnis und wird als riskante Fehleinschätzung gegeißelt. Die Debatte um die Wirtschaftlichkeit von Atomstrom hält ebenfalls an, da selbst ehemalige Betreiber die Kosten als erheblich höher einschätzen als bei anderen Energiequellen.

