Report: «Der Einsatz fordert Menschenleben»

Berlin (dpa) - Sie nennt ihn nicht beim Namen, aber nach langem Schweigen spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel ihn doch an: den Tod in Afghanistan.

«Wir sind es der ganzen deutschen Öffentlichkeit schuldig, hier und heute ehrlich Rechenschaft abzulegen», sagt Merkel am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung und es wird still im Bundestag. «Ja, der Einsatz fordert Menschenleben», sagt die Kanzlerin und nennt Soldaten, Polizisten, zivile Helfer und Afghanen. Verluste, die alle Bundesregierungen seit dem ersten Beschluss des Bundeswehreinsatzes Ende 2001 inständig hätten vermeiden wollen.

Aber Merkel sagt noch etwas: Auch durch deutsches Handeln hätten Menschen ihr Leben verloren - bei dem von einem deutschen Oberst angeordneten Luftangriff in Nordafghanistan am 4. September. «Die Bundesregierung bedauert das zutiefst», erklärt die Kanzlerin. Dies kann als Entschuldigung bei den Angehörigen gewertet werden. So direkt hat sich die Regierung Merkel bislang dazu noch nicht geäußert. Am 4. September waren bis zu 142 Menschen in Afghanistan durch Bomben auf zwei Tanklastwagen getötet oder verletzt worden.

Merkels Rede dauert 24 Minuten. Manche Soldaten haben gehofft, dass die Kanzlerin einmal eine «Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede» über den Afghanistan-Einsatz halten würde. Dass ein Ruck durch die deutsche Bevölkerung gehen möge, die den Kampf in Afghanistan laut Umfragen mehrheitlich ablehnt. Dass die Leistungen der Soldaten in dem fernen, fremden Land gewürdigt werden, da die Politik sie doch «die Sicherheit Deutschlands am Hindukusch» verteidigen lasse.

Aber wie so oft spricht die CDU-Vorsitzende sachlich und bei aller Auseinandersetzung über Krieg und Frieden ohne große Emotionen. Doch ist ihre Botschaft deswegen nicht weniger hart. Die Kanzlerin selbst zieht schonungslos eine «gemischte Bilanz» des bisherigen Einsatzes. «Es gab manche Fortschritte und zu viele Rückschläge.»

Der Beginn des Bundeswehreinsatzes vor acht Jahren sei «eine der schwierigsten Entscheidungen im ganzen letzten Jahrzehnt» gewesen, sagt Merkel. Die internationale Gemeinschaft habe eine «Bewährungsprobe» zu bestehen. Das hört sich ein wenig so unheilvoll an wie die von Verteidigungsexperten kritisierte Warnung von Politikern, dass der Einsatz am Hindukusch über die Zukunft der NATO entscheide. Später wird Linksfraktionschef Gregor Gysi darauf hinweisen, dass schon die Russen und davor die Briten in Afghanistan gescheitert sind.

Dann kommt SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er versucht mit Verweis auf die Grundlagen der Vereinten Nationen zu erklären, warum Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) falsch liegt, wenn er «leichtfertig» von «kriegsähnlichen Zuständen» spreche. Der Einsatz in Afghanistan sei kein Krieg und die deutschen Soldaten seien keine Kämpfer. Die Soldaten selbst sehen das anders.

Gabriel lässt auch am Mittwoch offen, ob die SPD nun aus der Opposition heraus für den Einsatz und die von der Bundesregierung vorgelegte neue Strategie mit deutlich mehr ziviler Hilfe und Abzugsperspektive stimmen wird. Er fordert als konkreten Beginn des Truppenabzugs das Jahr 2011. Das hatte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) allerdings schon am Vortag in Aussicht gestellt.

Afghanistans Präsident Hamid Karsai, der sich am Mittwochmorgen mit den Spitzen der Bundesregierung und des Parlaments in Berlin traf, sagt: «Afghanistan möchte anderen nicht zur Last fallen.» Er setzt auf einen Abzug der internationalen Truppen bis 2014.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast erkennt die Bemühungen der schwarz-gelben Koalition um einen neuen Weg für Afghanistan an. «Es gibt positive Elemente», sagt sie. Künast will aber mehr Informationen über die Pläne der Regierung etwa zum Programm für aussteigewillige radikal-islamische Taliban. Vor einer endgültigen Bewertung will sie aber die internationale Afghanistan-Konferenz an diesem Donnerstag in London abwarten.

Merkel sagt: «In London geht es (...) um nichts weniger als um eine Weichenstellung.» Und sie mahnt: «Die Verteidigung der Menschenrechte hat ihren Preis.»

Konflikte / Bundeswehr / Afghanistan
27.01.2010 · 22:35 Uhr
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