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Nord Stream 2: Die Pipeline, die nicht sterben will

21. Juni 2025, 07:00 Uhr · Quelle: InvestmentWeek
Nord Stream 2: Die Pipeline, die nicht sterben will
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Die Pipeline wurde trotz Fertigstellung 2021 nie zertifiziert, weil Deutschland nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Betriebserlaubnis verweigerte.
US-Investoren wittern ein Comeback – doch Brüssel und Berlin stemmen sich mit neuen Sanktionen gegen das geopolitische Spiel auf dem Meeresgrund

Die zerstörte Pipeline liegt wie ein fossiles Relikt in der Ostsee – und doch ist sie politisch explosiver denn je. Nord Stream 2, Sinnbild einer gescheiterten Energiepartnerschaft mit Russland, wird plötzlich wieder zum Spielball der Weltpolitik.

Während Brüssel sie endgültig versenken will, tauchen in den USA Investoren auf, die genau das Gegenteil planen. Jetzt geht es um mehr als Gas – es geht um Macht, Einfluss und eine Zeitenwende in Europas Energiepolitik.

Ein Deal unter der Oberfläche

Es klingt wie ein geopolitischer Thriller: US-Investoren könnten die beschädigte Nord-Stream-2-Pipeline aus der Insolvenzmasse aufkaufen – um sie eines Tages wieder in Betrieb zu nehmen.

Das Gas käme weiterhin aus Russland, der Gewinn würde in Washington landen. So zumindest die Vision hinter den Kulissen, orchestriert von Unternehmern wie Stephen Lynch, einem Trump-nahen Investor mit Russland-Erfahrung und guten Kontakten in die Republikaner-Spitze.

Offiziell schweigt Lynch. Doch sein Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung beim US-Finanzministerium liegt längst vor. Und im Hintergrund wächst das Unbehagen: Ist die Pipeline, deren Sprengung 2022 weltweit Schlagzeilen machte, wirklich Geschichte – oder steht sie kurz vor einem zweiten Leben?

Brüssels Antwort: Sanktionen – und ein Gesetz

Die EU-Kommission will diesen Plänen nun mit aller Macht den Boden entziehen. Ein umfassender Sanktionsvorschlag liegt auf dem Tisch: Europäische Unternehmen sollen künftig keine Geschäfte mehr mit Nord Stream 1 oder 2 machen dürfen – weder direkt noch indirekt. Damit will man potenzielle Käufer abschrecken, selbst wenn sie wie Lynch aus Drittländern stammen.

Gleichzeitig will Brüssel ein Gesetz auf den Weg bringen, das russisches Gas bis 2028 vollständig aus dem EU-Binnenmarkt verbannt – auch langfristige Lieferverträge sollen dann Geschichte sein.

Für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist klar: „Es gibt kein Zurück.“ Europa will nicht nur Sanktionen, sondern Recht – als Waffe gegen geopolitische Abhängigkeit.

Zwei Mächte, ein Ziel – USA und Russland könnten über Nord Stream Europa wieder in die energiepolitische Abhängigkeit treiben.

Trumps große Unbekannte

Doch über all dem hängt ein Name wie ein Damoklesschwert: Donald Trump. Sollte er im November erneut Präsident werden, könnte er dem Gasdeal mit Russland grünes Licht geben.

Schon heute ist sein außenpolitischer Kurs ein Rätsel. Auf Fragen nach Nord Stream weicht das US-Außenministerium aus, betont vage den Wunsch nach Frieden – und lässt offen, ob man sich EU-Sanktionen anschließen würde.

Dass Trump Sanktionen lieber abschafft als einführt, machte er zuletzt auf dem G7-Gipfel klar: „Sanktionen kosten uns Geld“, sagte er – und traf damit ins Mark der Brüsseler Strategie.

Ein perfides Geschäftsmodell

Was US-Investoren mit Nord Stream 2 vorhaben, ist in seiner politischen Brisanz kaum zu übertreffen. Unter dem Deckmantel der „Privatisierung“ könnte der Westen Russland wieder als Gaslieferant etablieren – nur diesmal mit Washington als Zwischenhändler. Der Kreml bekäme frisches Geld, Trump und seine Verbündeten politische Macht, Europa den nächsten Energie-Albtraum.

Gasmarkt-Analyst Heiko Lohmann spricht von „Symbolpolitik“ – und warnt:

„Wenn Trump das will, wird er die EU-Sanktionen in der Luft zerreißen.“ Auch Umweltjuristin Svitlana Romanko warnt: „Viele in den USA träumen nicht von russischem Gas. Sie wollen es draußen halten, um eigene LNG-Exporte zu stärken.“

Doch es gibt eben auch andere – solche, die Nord Stream 2 als geostrategisches Eigentor Europas begreifen, das sich in amerikanisches Kapital verwandeln lässt.

Die Achillesferse der Kommission

Trotz aller Pläne fehlt es Brüssel an einem entscheidenden Hebel: der praktischen Umsetzung. Der Sanktionsentwurf bleibt vage, konkrete Zielunternehmen oder technische Details werden nicht genannt.

Energieexperte Martin Vladimirov fordert deshalb, die Infrastruktur selbst ins Visier zu nehmen – etwa die Betreiber der Verdichterstationen, ohne die kein Gas durch die Pipeline fließen kann.

Bislang aber ist Nord Stream 2 schlicht nicht zertifiziert. Ohne grünes Licht vom Bundeswirtschaftsministerium und der Bundesnetzagentur bleibt alles graue Theorie – ganz gleich, ob US-Investoren kaufen oder nicht. Berlin gibt sich entsprechend gelassen, verweist auf laufende Prüfungen und betont, dass es keinen bekannten Käufer gebe. Doch die Ruhe täuscht: Politisch ist Nord Stream längst wieder hochaktiv.

Machtkampf unter Wasser

Was sich rund um Nord Stream 2 abspielt, ist weit mehr als ein energiepolitisches Kapitel. Es ist ein Ringen um Deutungshoheit, um Einflusszonen, um die geopolitische Kontrolle Europas.

Russland, so scheint es, hat die Pipeline nie aufgegeben. Die USA wittern ein Geschäft – und Europa will mit einer Mischung aus Sanktionen und Gesetzgebung endlich einen Schlussstrich ziehen.

Doch dieser Schlussstrich ist brüchig. Solange es keine Geschlossenheit unter den EU-Staaten gibt – mindestens 15 von 27 müssten zustimmen –, bleibt der Brüsseler Plan ein Entwurf ohne Wirkung. Und solange Trump seine Strategie nicht offenlegt, bleibt alles in der Schwebe.

Finanzen / Global
[InvestmentWeek] · 21.06.2025 · 07:00 Uhr
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