Stahlgipfel

Merz will Stahlindustrie retten - auch mit Schutzzöllen

06. November 2025, 16:24 Uhr · Quelle: dpa
Stahlgipfel im Kanzleramt
Foto: Michael Kappeler/dpa
Merz will die Stahlindustrie erhalten.
Die deutsche Stahlindustrie steckt in einer existenziellen Krise durch Billigimporte und Energiepreise. Kanzler Merz fordert Schutzzölle und weitere Maßnahmen, um Arbeitsplätze zu sichern.

Berlin (dpa) - Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die deutsche Stahlindustrie in einer Existenzkrise und will die Branche auch mit Schutzzöllen unterstützen. «Wir sprechen über das Schicksal einer Schlüsselindustrie», sagte der CDU-Politiker nach einem «Stahlgipfel» im Kanzleramt. Merz versprach eine große Anstrengung der Bundesregierung, um die deutsche Stahlindustrie zu erhalten. Er unterstützt Vorschläge der EU-Kommission, die heimische Stahlindustrie mit deutlich höheren Zöllen vor billiger Konkurrenz aus Ländern wie China zu schützen. 

Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) sagte, das Fundament für ein starkes Deutschland sei eine starke Industrie - und die Stahlindustrie im Besonderen. Mit Blick auf das Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur sagte der Finanzminister, die Bundesregierung wolle, das vorrangig heimischer und europäischer Stahl eingesetzt werde.

An dem «Stahlgipfel» nahmen neben weiteren Kabinettsmitgliedern auch Vertreter von Industrie und Gewerkschaften sowie Ministerpräsidenten von Bundesländern mit Stahlindustrie teil.

Branche schwer unter Druck 

Die deutsche Stahlindustrie leidet unter der Krise in Abnehmerbranchen, vor allem der Autoindustrie. Hinzu kommen gestiegene Energiepreise, Billigimporte vor allem aus China, hohe US-Importzölle und hohe Kosten für den Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Stahlproduktion. Die Branche warnte vor einem dauerhaften Verlust von Industriearbeitsplätzen in Deutschland. 

«Wertschöpfung, die heute abwandert, holen wir nicht zurück», sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler. «Der Handlungsdruck ist groß.» Der Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall, Jürgen Kerner, wählte ein drastisches Bild: Die Branche befinde sich im «Schockraum». 

Merz sagte, die Stahlindustrie sei in einer «existenzbedrohenden Krise». Er dankte ausdrücklich für emotionale Beiträge von Arbeitnehmervertretern, die dargestellt hätten, was die Lage für die Betriebe bedeute. Man spreche über das Schicksal von Unternehmen, vor allem aber auch über das Schicksal von Arbeitnehmern und ihren Familien, die darauf zählen und hoffen dürften und müssten, dass die Politik sich für den Erhalt dieser Arbeitsplätze einsetze. 

Die Stahlindustrie leiste einen wichtigen Beitrag zum Erhalt industrieller Wertschöpfungsketten und wirtschaftlicher Resilienz in Deutschland und Europa. Groebler, Vorstandschef der Salzgitter AG, machte deutlich, ohne eine starke deutsche Stahlbranche gebe es die Gefahr von Abhängigkeiten von anderen Staaten.

EU-Schutzzölle

Die EU-Kommission hat Maßnahmen zum Schutz der heimischen Stahlindustrie vorgeschlagen. Die Menge für zollfreie Importe soll nahezu halbiert werden. Der Zollsatz für Importe, die darüber hinausgehen, soll auf 50 Prozent verdoppelt werden. Merz stellte sich hinter die Vorschläge aus Brüssel. Es müsse einen wirksamen Außenhandelsschutz vor staatlich subventioniertem Stahl vor allem aus China geben, der die Märkte überschwemme. 

Das sei etwas anderes als das, was man in früheren Zeiten für richtig gehalten habe, sagte Merz und nannte offene Märkte. «Die Zeiten sind leider vorbei.» Deswegen müsse man die heimischen Hersteller schützen.

EU-Schutzzölle könnten aber Auswirkungen auf die ohnehin schwierigen Verhandlungen mit den USA haben, die für Stahl und Aluminium Importzölle von 50 Prozent erheben - welche die Bundesregierung scharf kritisiert.

Klingbeil sagte: «Ich finde richtig, dass wir den regelbasierten Handel immer nach vorne stellen, aber wir dürfen am Ende nicht die Dummen sein.» Deswegen müsse der Schutz der heimischen Industrie hochgefahren werden. Er regte an, dies gemeinsam mit Frankreich voranzubringen.

Auf EU-Ebene geht es weiterhin um einen Ausgleich für teurere Produktion wegen der CO2-Bepreisung. Die Bundesregierung will sich außerdem im Zuge neuer Sanktionen wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine für ein baldiges Ende von Stahlimporten aus Russland einsetzen. Klingbeil sagte, das könne man niemandem erklären, dass immer noch Stahlprodukte aus Russland importiert werden. 

Entlastung bei Energiepreisen

Die Bundesregierung hat bereits eine Entlastung bei den Strom-Netzentgelten beschlossen. Zudem soll zum 1. Januar 2026 für drei Jahre ein staatlich subventionierter, niedrigerer Industriestrompreis eingeführt werden. Merz sagte, die Aussichten seien gut, dass die EU-Kommission zustimmt. 

Zudem soll die sogenannte Strompreiskompensation verlängert und ausgeweitet werden. Dabei werden Firmen indirekt von Kosten des CO2-Emissionshandels entlastet. Groebler sagte, notwendig sei eine Kombinationsmöglichkeit des Industriestrompreises mit der Strompreiskompensation. 

Heimischen Stahl bevorzugen

Mit einem riesigen Sondervermögen soll in den kommenden Jahren die Infrastruktur auf Vordermann gebracht, also zum Beispiel Brücken und Bahnstrecken saniert werden. Es sollten heimische Produkte bevorzugt werden, sagte Klingbeil. Er sprach von «mehr europäischen Patriotismus». 

Mehr Flexibilität bei Umbau

Beim Umbau der Stahlindustrie, die viel CO2-Emissionen ausstößt, wird eigentlich «grüner» Wasserstoff angestrebt, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wird. Dieser ist aber noch sehr teuer und nicht im ausreichenden Maß vorhanden. Die Bundesregierung drängt nun auf mehr Pragmatismus bei den europäischen Förderkriterien - dazu gehöre auch die Forderung nach mehr Flexibilität bei der Nutzung von Gas statt Wasserstoff. 

Klingbeil sagte, auch die Unternehmen seien in der Pflicht, ihren Beitrag zum Erfolg der Branche zu leisten: «Wir haben aber auch eine klare Erwartung an die Unternehmen, ihre Standorte zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. Wir brauchen Beschäftigungs- und Standortsicherungsvereinbarungen.»

Stahl / Industrie / Klima / Erneuerbare Energie / Bundesregierung / Deutschland / Saarland / Bremen / Niedersachsen / Brandenburg / Nordrhein-Westfalen
06.11.2025 · 16:24 Uhr
[5 Kommentare]
Ukraine-Krieg - Beratungen mit europäischen Partnern in London
London (dpa) - Die Lage bei den US-geführten Friedensverhandlungen für die Ukraine ist aus Sicht Kiews und der Europäer ernst. Das dürfte jedem klar sein, der die Gesichtszüge des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der E3-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) in London beobachtete. Am deutlichsten brachte Bundeskanzler […] (04)
vor 48 Minuten
Dave Mustaine
(BANG) - Dave Mustaine hat aus gesundheitlichen Gründen beschlossen, Megadeth nach einer letzten Tour aufzulösen. Die Band wird nächstes Jahr in Rente gehen, nachdem sie ihre Abschiedstour beendet und ein letztes Album veröffentlicht hat. Frontmann Dave verriet nun, dass er sich von Megadeth zurückziehen wolle, weil er wegen Arthritis und Rückenproblemen "nicht jede Nacht hundert Prozent geben […] (00)
vor 4 Stunden
QNAP veröffentlicht myQNAPcloud Surveillance
QNAP Systems, Inc., ein führender Innovator von Computer-, Netzwerk- und Speicherlösungen, kündigte heute die Einführung von myQNAPcloud Surveillance ab, einem speziellen Cloud-Sicherungsdienst für Überwachungsaufzeichnungen. Entwickelt für eine nahtlose Integration mi QNAPs lokaler QVR-Surveillance-Lösung, ermöglicht dieses neue Angebot die sichere, externe Speicherung kritischer Videodaten – […] (00)
vor 28 Minuten
Gaming in der Weihnachtszeit fasziniert viele
Glühwein, Gans und Games: Für Millionen Gamerinnen und Gamer ist die Weihnachtszeit gleich Gaming-Zeit. So freuen sich rund 4 von 10 Spielenden (37 Prozent) auf das gemeinsame Spielen von Games rund um Weihnachten. Das entspricht 16 Millionen Menschen in Deutschland ab 16 Jahren. Ein Viertel der Gamerinnen und Gamer (26 Prozent) hat sich vorgenommen, zu Weihnachten zusammen vor Ort mit anderen zu […] (00)
vor 28 Minuten
Bettina Ricklefs bleibt BR-Programmbereichsleiterin
Der BR-Rundfunkrat hat die Wiederberufung von Bettina Ricklefs bestätigt – und setzt damit weiter auf Kontinuität im stärksten fiktionalen Programmbereich des Senders. Der Bayerische Rundfunk hält an seiner langjährigen Fiction-Chefin fest: Wie der BR am Montag, 8. Dezember 2025, mitteilte, hat der Rundfunkrat der erneuten Berufung von Bettina Ricklefs als Leiterin des Programmbereichs Spiel-Film-Serie zugestimmt. Ricklefs, die den Bereich […] (00)
vor 4 Stunden
Bayern München - Hamburger SV
München (dpa) - Trainer Vincent Kompany gönnt Vielspieler Luis Díaz im Jahresendspurt des FC Bayern München einen Kurzurlaub. Möglich macht die ungewohnte Maßnahme eine Doppel-Sperre des kolumbianischen Fußball-Nationalspielers in dieser Woche. «Er wird einige Tage nicht hier sein», berichtete Kompany am Montag nach dem Abschlusstraining für das Champions-League-Spiel gegen Sporting Lissabon, bei dem der 28 Jahre alte Díaz nicht […] (01)
vor 11 Minuten
man, business, adult, suit, bitcoin, cryptocurrency, blockchain, crypto, formal, confident, corporate, success, lifestyle, modern, executive, gray business, gray company, bitcoin, bitcoin, cryptocurrency, crypto, crypto, crypto, crypto, crypto
[PRESSEMITTEILUNG – Vaduz, Liechtenstein, 8. Dezember 2025] Mit der Veröffentlichung von Whitepapers für die bevorstehenden Stablecoins wurde der Startschuss gegeben, deren offizielle Markteinführung im Juni 2026 geplant ist. Besucher können die xMoney-Website für weitere Informationen besuchen. xMoney, der führende Anbieter von konformen Zahlungssystemen, die Web3 und die traditionelle […] (00)
vor 57 Minuten
Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Landwirtschaft
Berlin, 08.12.2025 (lifePR) - Die Ausrichtung der Themenangebote im i.m.a-Bildungsmagazin „lebens.mittel.punkt“ wird mit der neuen Ausgabe sinnvoll erweitert: Jetzt orientieren sich die Unterrichtsbausteine im Heft auch an den Zielen einer „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, wie sie von der Kultusministerkonferenz der Länder empfohlen werden. Wie sich diese Ziele an außerschulischen […] (00)
vor 1 Stunde
 
Menschenrechtsbericht des DIMR am 08.12.2025
Berlin - Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) hält Hausdurchsuchungen wegen […] (00)
Amtsgericht (Archiv)
Neuss - Die Zahl der insolventen Unternehmen in Deutschland hat 2025 den höchsten Stand seit […] (00)
Michaela Benthaus
München (dpa) - Die 33-jährige Deutsche Michaela Benthaus startet bald als erster Mensch mit […] (00)
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Archiv)
Berlin - Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel […] (03)
Sydney Sweeney
(BANG) - Sydney Sweeney hat keine Schönheitsoperationen machen lassen, weil sie "so große Angst […] (00)
«Super Happy Magic Forest» startet am 20. Dezember
Britischer Fantasy-Humor für Kinder, der auf den Büchern von Matty Long basiert. Ab Samstag, 20. […] (00)
Baidu stellt Weichen für Kunlunxin – und verschärft den chinesischen Wettlauf um KI-Chips
Chinas Technologiekonzerne nutzen das IPO-Fenster Baidu hat die Spekulationen beendet und […] (00)
Tekken-Produzent Harada zieht sich zurück
Katsuhiro Harada hat offiziell bekanntgegeben, Bandai Namco mit Ende 2025 verlassen zu wollen. […] (00)
 
 
Suchbegriff