Kundus-Angriff: Guttenberg korrigiert sich

Berlin (dpa) - Drei Monate nach dem verheerenden Luftangriff von Kundus hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seine vier Wochen zurückliegende Bewertung korrigiert.

Im Gegensatz zu seiner Stellungnahme von Anfang November bezeichnete der Minister am Donnerstag im Bundestag das Bombardement mit bis zu 142 Toten und Verletzten als «militärisch nicht angemessen».

Er argumentierte, dass ihm entscheidende Berichte der Bundeswehr zu zivilen Opfern und Verstößen gegen Einsatzregeln bei dem Luftschlag am 4. September für seine erste Bewertung nicht vorlagen. Zugleich stellte sich Guttenberg klar hinter den befehlsgebenden Oberst Georg Klein und betonte, dass er diesen «nicht fallenlassen» werde. «Ich zweifele nicht im Geringsten daran, dass er gehandelt hat, um seine Soldaten zu schützen», sagte der Minister.

Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels kritisierte die Neubewertung des Luftangriffs als unzureichend. «Das ging jetzt ja doch schnell», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger». «Man fragt sich allerdings, welche Informationen er hatte, um zu dieser neuen Bewertung zu kommen.» Guttenberg spreche «von neuen Papieren. Aber zu neuen Informationen hat er kein Wort gesagt.» Mit Blick auf den von Guttenberg entlassenen Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und den ebenfalls entlassenen Staatssekretär Peter Wichert fügte er hinzu: «Für den Rauswurf des höchsten militärischen Beraters und des höchsten zivilen Beamten fehlt nach wie vor jede inhaltliche Begründung.»

Obwohl es vor dem Angriff auf zwei Tanklastwagen im afghanischen Kundus eine ganze Reihe von Versäumnissen im deutschen Feldlager gegeben habe, habe die örtliche Bundeswehrführung den Vorfall zunächst heruntergespielt, schreibt derweil die «Hannoversche Allgemeine Zeitung». Dem Bericht zufolge reagierte der Kommandeur des deutschen ISAF-Kontingents auf Fragen des Einsatzführungsstabs im Bundesverteidigungsministerium an das Einsatzführungskommando am 4. September mit einem Bericht, in dem er schrieb, die Fragen hätten sich «weitgehend erledigt».

Ein Brigadegeneral ergänzte dem Bericht zufolge: «Nach jetzigem Stand wird eine Weitergabe an den Einsatzführungsstab nicht empfohlen.» Der Kommandeur war der direkte Vorgesetzte von Oberst Georg Klein, der den Befehl zum Angriff in den frühen Morgenstunden des 4. September gegeben hatte. In einem vertraulichen Untersuchungsbericht der Bundeswehr vom 9. September, der dem Blatt ebenso wie die erste Einschätzung des Generals vorliegt, werden dagegen zahlreiche Fehler benannt.

So heißt es, nicht geklärt sei, ob der befehlshabende Offizier ausreichend geprüft habe, dass«bei dem Bombenabwurf keine zivilen Verluste zu erwarten sind». Außerdem könne nicht mehr rekonstruiert werden, welche Soldaten zu der Entscheidung für den Angriff am 4. September beigetragen haben, zumal ein zuständiger Offizier nicht anwesend war. Oberst Klein gelang es dem Bericht zufolge nicht, eine Verbindung zum operativen Koordinierungszentrum herzustellen, obwohl dieses Lagezentrum unweit seines eigenen Befehlsstandes lag. Nach dem Angriff hat es der örtliche Befehlshaber laut Bericht versäumt, relativ zeitnah zum Bombenabwurf die Gefechtslage erkunden zu lassen.

Der Bundestag stimmte am Donnerstag mit der breiten Mehrheit von 445 der abgegebenen 593 Stimmen für die Verlängerung des Bundeswehrmandats zur Beteiligung an der Afghanistan-Schutztruppe ISAF. Die Obergrenze von 4500 Soldaten wurde nicht verändert. Die Regierung will über eine mögliche Aufstockung des Truppenkontingents nicht vor der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar in London entscheiden. Mit einer Erhöhung der Soldatenzahl müsste das Parlament neu befasst werden.

Bei seiner Neubewertung des Luftangriffs in Afghanistan sagte Guttenberg, er zweifele nicht daran, dass der Oberst im Interesse seiner Soldaten gehandelt habe. Die Dokumente, die er bei seiner ersten Bewertung noch nicht gekannt habe, hätten ihn nun aber verlasst, den Angriff als objektiv «militärisch nicht angemessen» zu bezeichnen. Auf der Grundlage eines NATO-Berichts hatte Guttenberg den Luftangriff am 6. November noch als «militärisch angemessen» bewertet.

Der Bremer Anwalt der Angehörigen der Opfer des Bombenangriffs, Karim Popal, sieht durch die Neubewertung Guttenbergs bessere Chancen für seine Mandanten. Die Interessen der Angehörigen würden sich nun «mit Sicherheit besser durchsetzen lassen», sagte er dem «Kölner Stadt-Anzeiger». «Was wir wünschen und wollen, ist, dass man die Wahrheit sagt; und mittlerweile sagt man die Wahrheit», so Popal.

Wegen seiner Informationspolitik zu dem Luftschlag als Verteidigungsminister war Franz Josef Jung (CDU) vorige Woche als Bundesarbeitsminister zurückgetreten. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert wurden entlassen. Am Mittwoch hatte der Verteidigungsausschuss des Bundestags seine Umwandlung in einen Untersuchungsausschuss beschlossen, um die Affäre zu durchleuchten. Der Ausschuss soll sich am 16. Dezember konstituieren.

Bundesregierung / Afghanistan
04.12.2009 · 07:16 Uhr
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