Kontroverse um Veröffentlichung von «Mein Kampf»

18. Januar 2012, 13:14 Uhr · Quelle: dpa

München (dpa) - Die langjährige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, ist gegen eine Veröffentlichung des Hitler-Buches «Mein Kampf».

«Es handelt sich um eine der übelsten Hetzschriften, die in diesem Land je verfasst worden ist», erklärte die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern in München. Bei dem Plan des britischen Verlegers Peter McGee, kommentierte Auszüge aus dem Pamphlet von Adolf Hitler zu veröffentlichen, geht es ihrer Ansicht nach ums Geld. «Ich habe Verständnis für das Ansinnen, das bisweilen mystifizierte Werk zu entzaubern. Aber bei dem Projekt von McGee geht es letztlich auch ums Geschäft.»

Wünschenswert sei dagegen ein historischer Kommentar, wie ihn das Institut für Zeitgeschichte für 2016 plane. Gleichzeitig betonte Knobloch, dass rechtsradikale und islamistische Websites schon heute einen nahezu problemlosen Zugriff auf antisemitische Schriften wie «Mein Kampf» möglich machten. «Einschlägig ideologisierte Personen sind nicht auf die Ausgabe von McGee angewiesen.»

Der Dortmunder Journalistik-Professor Horst Pöttker, der den Kommentar zu den «Mein Kampf»-Auszügen verfasst hat, betonte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa die Aufklärungsabsicht der Veröffentlichung. «Das Ziel des Projektes ist, historisches Material, aus dem zu lernen ist, wie es zu den Schrecklichkeiten der damaligen Zeit kommen konnte, nicht nur Fachwissenschaftlern, sondern einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen», sagte er. «Wenn wir unserer Bevölkerung zutrauen, dass sie mündig ist und sie beispielsweise auch wählen darf, dann müssen wir ihr 66 Jahre nach Kriegsende auch die Mündigkeit zutrauen, mit diesem Material verständig umzugehen.»

Sie vertraue auf die Urteilskraft der Menschen, sagte auch Knobloch. Unsere Gesellschaft sei «so reif und geschichtsbewusst, dass sie die Veröffentlichung dieses wirren, stupiden und gruselig schlecht geschriebenen Pamphlets verkraften kann», betonte sie. «Aber jenes Buch verdient dieses hohe Maß an Aufmerksamkeit nicht. Wüssten wir nicht um die grauenvolle Nachgeschichte, es wäre nichts weiter als eine mies verfasste, beinahe peinliche Mischung aus Biografie, Bekenntnis und Agenda.»

Am 26. Januar soll der erste Teil der Auszüge in einem 15-seitigen Booklet zusammen mit der historischen Wochenzeitung «Zeitungszeugen» veröffentlicht werden. Zwei weitere Ausgaben sollen sich in den folgenden Wochen anschließen. Das bayerische Finanzministerium, das die Rechte an «Mein Kampf» hält, prüft urheberrechtliche Schritte gegen die Veröffentlichung.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) wandte sich aus einem anderen Grund gegen den geplanten Verkauf an deutschen Kiosken: «Um die Menschenverachtung der NS-Taten zu begreifen, braucht man angesichts zahlloser eindrucksvoller Orte des Grauens überall in Deutschland ganz bestimmt nicht Auszüge aus "Mein Kampf" in den Zeitschriftenständern», sagte sie dem «Wiesbadener Kurier».

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Geschichte / Nationalsozialismus / Medien
18.01.2012 · 13:14 Uhr
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