ISAF sieht Trendwende in Taliban-Hochburgen
Kabul (dpa) - Nach massivem Druck auf die Aufständischen sieht die Internationale Schutztruppe ISAF eine Trendwende in den südafghanischen Taliban-Hochburgen Kandahar und Helmand.
«Die Taliban sind zahlenmäßig und in ihrem Einfluss nicht in ganz Afghanistan, aber in bestimmten Bereichen deutlich geschwächt worden», sagte der Sprecher der ISAF, Bundeswehr-General Josef Blotz, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Kabul.
«In ausgewählten Regionen, in denen ISAF qualitativ und quantitativ auch einen deutlichen Schwerpunkt gesetzt hat, gibt es in der Tat eine Trendwende», sagte der General zwei Wochen vor dem NATO-Gipfel in Lissabon. «Und das ist in Helmand und Kandahar.» Landesweit gebe es dank deutlich verstärkter Ressourcen sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich «Fortschritte und Indikatoren für kleinere lokale Erfolge».
Blotz sagte: «Wir haben jetzt wirklich die Mittel, Möglichkeiten, Ressourcen, Strukturen und Konzepte, die wir eigentlich schon immer gebraucht haben, die wir aber nie hatten.» Mit 140 000 Soldaten sei die ISAF stärker als je zuvor. Hinzu kämen 140 000 afghanische Soldaten und 120 000 Polizisten. In den vergangenen zwölf Monaten seien 100 000 afghanische Sicherheitskräfte ausgebildet worden.
«Wir sind im Moment in einer Lage, wie wir sie nie hatten seit (Beginn des ISAF-Einsatzes) Ende 2001», sagte der General. «Wir sehen jetzt die Effekte, die man wirklich erzielen kann, wenn man im Werkzeugkasten die Instrumente hat, die man braucht.» Dabei gehe es «um sehr viel mehr als nur um das militärische Instrument». Auch die zivilen Anstrengungen beim Wiederaufbau und das politische Engagement der Staatengemeinschaft seien deutlich verstärkt worden.
Zur den in diesem Jahr schwersten ISAF-Verlusten seit Beginn des Einsatzes sagte Blotz: «Wenn Sie drei Mal so viele Kräfte ins Land bringen und damit die Möglichkeit haben, Taliban in Räumen herauszufordern, in denen sie seit fünf, sechs Jahren nicht herausgefordert worden sind, dann führt das natürlich zu mehr Konfrontation. Damit steigen auch Verluste. Aber es ist unvermeidbar, diesen Weg zu gehen und vorübergehend höhere Risiken in Kauf zu nehmen.»
Die ISAF teilte mit, bei Taliban-Angriffen im Süden und Osten des Landes seien insgesamt zwei Soldaten getötet worden. Zur Nationalität der Opfer machte die ISAF wie üblich keine Angaben.
Ein afghanischer Soldat erschoss unterdessen nach Angaben des Verteidigungsministeriums versehentlich zwei US-Soldaten. Das Ministerium in Kabul teilte am Samstag mit, zu dem Beschuss sei es in der Nacht zuvor in der Nähe eines Armeelagers im Distrikt Sangin in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand gekommen. Die afghanische Armee und die NATO untersuchten den Vorfall.
Die Taliban teilten mit, der Soldat habe sich nach der Tat abgesetzt und den Aufständischen ergeben. Er habe vorher keinen Kontakt zu den Taliban gehabt. «Es war nur ein Unfall.» Im vergangenen Juli hatte ein afghanischer Soldat im Norden des Landes zwei US-Militärausbilder erschossen, bevor er selber getötet wurde. In Helmand hatte ein afghanischer Soldat ebenfalls im Juli das Feuer eröffnet und drei britische Soldaten getötet. Der afghanische Täter konnte fliehen.