Hintergrund: Vier Jahre bis zur Promotion
Berlin (dpa) - Ob Einkommen, Karrierechancen oder einfach nur um Sozialprestige: Doktortitel sind begehrt. Während der berufliche Aufstieg junger Akademiker in den USA wesentlich vom Ansehen der besuchten Universität abhängt, sprechen Soziologen in Deutschland von einer «Hierarchie der Titel».
Was bedeutet Promotion?
Das Wort stammt vom lateinischen «promotio» und bedeutet in etwa «Beförderung». In einem Promotionsverfahren verleihen deutsche Universitäten den Doktortitel als höchsten akademischen Grad für eine besondere wissenschaftliche Leistung. Kernstück ist eine in der Regel mehrere hundert Seiten lange Dissertation, die die Wissenschaft mit neuen Erkenntnisse voranbringt. Grundvoraussetzungen sind ein überdurchschnittliches Examen und ein Doktorvater, der das Projekt betreut.
Wie viele Studenten promovieren an deutschen Universitäten?
Nach Angaben der OECD ist die Zahl der Doktoranden in Deutschland vergleichsweise hoch. Mehr als zwei Prozent eines Jahrgang schreiben nach ihrem Studium noch eine Doktorarbeit, im Schnitt der OECD-Länder sind es nur 1,5 Prozent. Konkret: 2009 promovierten an deutschen Unis 25 084 Akademiker - darunter gut 11 000 Frauen und 14 000 Männer. Der erste Doktor einer deutschen Universität (von lateinisch «docere» - «lehren») wurde 1359 einem Theologen verliehen.
Wie aufwendig ist ein solches Verfahren?
Vier Jahre dauert es im Durchschnitt, bis sich ein Doktorand die begehrten zwei Buchstaben vor den Namen setzen kann. Die individuelle Dauer hängt vom Fachbereich und vom Thema ab. Eine Ausnahme bilden Mediziner: Ärzte promovieren im Schnellverfahren, in der Regel ohne wissenschaftlichen Anspruch. «Die Promotion in der Medizin ist das, was in anderen Fächern eine Master- oder Diplomarbeit ist - nicht mehr», sagt Prof. Ulrike Beisiegel vom Wissenschaftsrat, der die Bundesregierung berät.
Bringt ein Doktortitel berufliche Vorteile?
Häufig. Promovierte Juristen, Manager und Ingenieure verdienen Experten zufolge jährlich im Schnitt 10 000 Euro mehr als ihre Kollegen ohne Titel. Außerdem sei das Sozialprestige nach wie vor relativ hoch, sagt Soziologie-Professor Michael Hartmann von der TU Darmstadt. Politiker mit Titel hoffen mitunter, dem Wahlvolk besonders kompetent zu erscheinen: Von den derzeit 623 Abgeordneten dürfen sich heute 120 Doktor nennen, im Kabinett sind es 11 von 16 Ministern.
Wie häufig werden Doktortitel unrechtmäßig erworben?
Experten schätzen, dass jährlich zwischen 500 und 700 Doktortitel in Deutschland - mitunter aus purer Eitelkeit - unrechtmäßig erworben werden. Das wären zwei bis drei Prozent. Windige «Promotionsberater» bieten gegen Bares illegale Hilfe an. Im größten Fall von Professoren-Bestechung und gekauften Doktortiteln in Deutschland ermittelte die Staatsanwaltschaft Köln 2009 gegen Dutzende Hochschullehrer. Auch Pseudo-Hochschulen im Ausland - neuerdings vor allem in Osteuropa - wittern das große Geschäft und vergeben fragwürdige akademische Titel gegen Geld.