Hintergrund: Vergleich der Unions-Programme
An einigen Stellen werden die alten Positionen im wesentlichen wiederholt.
NEUE BEREICHE: Die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise stellt völlig neue Herausforderungen an die Politik, an die vor vier Jahren nicht zu denken war. Entsprechend enthält das Papier auch eine neue BESCHREIBUNG DES VERHÄLTNISSES VON STAAT UND WIRTSCHAFT. Danach soll der Staat in einer Notlage wie der jetzigen einspringen. Dem Staat sollen aber nicht auf Dauer immer neue Aufgaben übertragen werden. Die BANKENAUFSICHT soll künftig unter einem Dach gebündelt werden - was nur bedeuten kann, dass die Bundesbank alle Kompetenzen erhalten soll.
Auch das Kapitel zur INTEGRATIONSPOLITIK ist völlig neu geschrieben. Zu Beginn heißt es: «Deutschland ist ein Integrationsland.» Die Integration sei eine Schlüsselaufgabe. Anderseits wird von den Ausländern gefordert: «Integration heißt nicht, sich auf halbem Wege zu treffen.» Angesichts der Veränderung der Altersstruktur wird das VERHÄLTNIS DER GENERATIONEN eingehender gewürdigt und auch die BEDEUTUNG VON EHRENÄMTERN hervorgehoben.
NEUE AKZENTE: Bei der heiß diskutierten STEUERPOLITIK verabschiedet sich die Union vom Versprechen einer umfassenden Reform. Vielmehr werden mit Blick auf die EINKOMMENSTEUER DREI VERSPRECHEN gemacht: Erhöhung des Kinderfreibetrags auf 8004 Euro, Senkung des Eingangssteuersatzes und Änderung der Steuertarife. Ziel ist, die heimlichen Steuererhöhungen bei Lohnsteigerungen zu vermeiden. Hinzu kommt eine Verschiebung des Höchststeuersatzes. Im Gegensatz zu 2005 wird keine Gegenfinanzierung genannt. Die CSU konnte sich mit der Forderungen nach einem Datum nicht durchsetzen.
Die Struktur der Mehrwertsteuer soll überprüft, keinesfalls aber erhöht werden. Es wird von der Überprüfung der Vorschriften der «MEHRWERTSTEUERBELASTUNG» gesprochen. Dabei ist vor allem an die Senkung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie und Hotellerie gedacht.
Im Bereich ARBEIT spricht sich die Union nun auch für branchenspezifische Mindestlöhne aus - ein Novum im Vergleich zu 2005. Die Arbeitslosengeld-II-Empfänger sollen bessergestellt werden, weil ihr Vermögen nicht so schnell angetastet werden soll. Vor allem nimmt die Union Abschied von alten Flexiblisierungsforderungen, insbesondere was Kündigungsschutz und Teilzeitarbeit angeht.
Weicher wird auch in der GESUNDHEITSPOLITIK formuliert. Die Forderung nach Einführung der Gesundheitsprämie taucht so nicht mehr im neuen Programm auf. Im Bereich FAMILIE hatte die «Revolution» durch Ministerin Ursula von der Leyen schon in der Legislaturperiode etwa mit der Einführung des Elterngeldes stattgefunden. Neue bahnbrechende Forderungen gibt es daher im Programm nicht. Der Akzent wird stärker auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelegt. Beim Punkt BILDUNG heißt der Schlüsselbegriff «Chancengerechtigkeit», und mehr als 2005 wird auf eine bessere Verzahnung der Anstrengungen von Bund und Ländern Wert gelegt.
Neues und Altes ist beim Thema Energie zu lesen. Zwar propagiert die Union keinen Ausstieg aus der Atomkraft. Die Kernenergie wird jetzt nur noch als «Brückentechnologie» bezeichnet. Im Programm 2005 hieß es noch: «Wir brauchen die Kernkraft auch in Deutschland (...)» Wesentlich mehr setzt die Union heute auch auf die erneuerbaren Energie.
BEKANNTES: Sehr ähnlich in der Diktion fallen die Aussagen zur Inneren Sicherheit aus. So bleibt es bei der Forderung nach einem Einsatz der Bundeswehr zur Abwehr terroristischer Gefahren. Auch ansonsten wird im Zweifel weiter auf Härte gesetzt wie im Jugendstrafrecht. Für Täter zwischen 18 und 21 Jahren soll im Zweifel das Erwachsenenstrafrecht gelten.