Guttenberg bezeichnet Bombardierung als angemessen

Berlin (dpa) - Auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat nun den von einem deutschen Oberst angeordneten tödlichen Luftangriff in Afghanistan als «angemessen» bezeichnet.

Er habe nach dem Studium des Geheimberichts der NATO zu dem Angriff auf zwei Tanklastwagen bei Kundus keinen Zweifel an der Einschätzung von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, sagte Guttenberg in Berlin. Mit den möglichen strafrechtlichen Folgen dieses Angriffs wird sich jetzt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe beschäftigen.

Der Vier-Sterne-General hatte vor einigen Tagen die Bombardierung der von Taliban gekaperten Tanklastwagen am 4. September ebenso wie jetzt auch der Minister als militärisch angemessen dargestellt. Schneiderhan hatte nach einer ersten Auswertung der NATO-Untersuchung betont, er habe keinen Grund daran zu zweifeln, dass Oberst Georg Klein und die deutschen Soldaten militärisch angemessen gehandelt haben. Der Bundeswehr-Oberst und damalige Kommandeur Klein hatte die Bombardierung angeordnet. Guttenberg hatte lückenlose Aufklärung gefordert.

Guttenberg räumte ein, dass der NATO-Bericht auch zu dem Schluss komme, dass es «Verfahrensfehler» und «in gewissen Bereichen Ausbildungsmängel» gegeben habe. Aber: «Selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zu dem Luftschlag kommen müssen», sagte er. Bei dem von zwei US-Kampfjets ausgeführten Angriff waren dem NATO-Bericht zufolge bis zu 142 Menschen gestorben.

Er gehe davon aus, dass es auch zivile Opfer gegeben habe, sagte Guttenberg nach einer Unterrichtung der Fraktionsvizechefs im Bundestag. Jedes unbeteiligte, jedes zivile Opfer bedauere er «von Herzen und zutiefst». Der FDP-Politiker Rainer Stinner sagte nach der Unterrichtung, die Bedrohungslage sei sehr akut gewesen, Oberst Klein hätte davon ausgehen müssen, dass das Bundeswehr-Lager Kundus angegriffen wird.

Das «Netzwerk Friedenskooperative» nannte Guttenbergs Bewertung eine «skandalöse Fehleinschätzung». Mit der Rückendeckung für den befehlshabenden deutschen Oberst legitimiere die Bundesregierung ein offensichtliches Kriegsverbrechen, heißt es in einer Erklärung.

Der Bundeswehrverband hält es «nicht für abwegig», dass es in der Debatte um strafrechtliche Konsequenzen für militärisch sinnvolles Verhalten auch zu Befehlsverweigerung kommen könnte. Der «Leipziger Volkszeitung» (Samstag) sagte Verbandschef Oberst Ulrich Kirsch: «Ich halte einen solchen Gedanken nicht für abwegig. Jeder, der in einer ähnlichen Lage sein wird wie Oberst Klein, steht vor der Frage: Was wartet zu Hause auf mich? Habe ich den Staatsanwalt schon hinter mir sitzen?»

Die Dresdner Generalstaatsanwaltschaft hatte am Freitag eine Zuständigkeit von Ermittlungen gegen den Bundeswehr-Offizier abgelehnt und den Fall an die Bundesanwaltschaft abgegeben. Erstmalig muss damit die oberste Anklagebehörde nach dem Völkerstrafrecht einen Fall prüfen, in dem es um die Verantwortung deutscher Soldaten für die Tötung von Zivilisten in Afghanistan geht.

Aus der Sicht Karlsruhes habe sich bisher kein Anhaltspunkt für eine Übernahme der Ermittlungen ergeben: «Nach vorläufiger Bewertung der Erkenntnisse aus allgemein zugänglichen Quellen ergeben sich bisher keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat deutscher Soldaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch», sagte ein Sprecher. Die Einstufung der Lage in Afghanistan als «bewaffneter Konflikt» hätte weitreichende rechtliche Konsequenzen. Sie würde nicht nur zur Anwendung des Völkerstrafgesetzbuches führen, sondern auch der Regeln des humanitären Völkerrechts.

Die Bundeswehr hatte die Anordnung des Luftangriffs damit gerechtfertigt, dass die Taliban mit den Tanklastwagen einen Anschlag auf das deutsche Lager in Kundus verüben könnten. Wie bekannt wurde, hat der deutsche Oberst mit seiner Anordnung nach Ansicht der NATO-Ermittler gegen Befehle und Dienstanweisungen verstoßen. Dies gehe aus dem Untersuchungsbericht hervor, sagten hochrangige NATO-Offiziere am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa in Brüssel. Vor allem hätte Klein nicht selbst die Bombardierung durch US- Kampfjets anordnen dürfen. Die Entscheidung zur Bombardierung hätte nur der Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe ISAF, US-General Stanley McChrystal, treffen dürfen.

Bundeswehr / Justiz / Afghanistan
06.11.2009 · 23:04 Uhr
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