Gesundheitsreform: Krankenkasse wird teurer

Berlin (dpa) - Für rund 50 Millionen Bundesbürger wird die Krankenkasse teurer. Vom kommenden Jahr an steigt der Beitragssatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 14,9 auf 15,6 Prozent. Dies bringt den Kassen rund sechs Milliarden Euro Mehreinnahmen.

Den Weg dazu machten Union und FDP am Freitag mit ihrer Mehrheit im Bundestag frei. Geschlossen dagegen stimmten SPD, Linke und Grüne. Kritiker und Befürworter sprachen von einem «Systemwechsel».

Mit dem Beschluss wird ein drohendes Finanzloch bei den GKV-Kassen von neun Milliarden Euro im kommenden Jahr gestopft. Den Restbetrag soll vor allem die Pharmabranche durch sinkende Medikamentenpreise beisteuern. Die Opposition kritisierte die Neuregelung als «in höchstem Maße ungerecht». In namentlicher Abstimmung votierten 306 Abgeordnete für die Neuregelung bei 253 Gegenstimmen. Das Gesetz bedarf nicht mehr der Zustimmung des Bundesrates.

Neben der Erhöhung des allgemeinen Krankenkassenbeitrags müssen sich die Versicherten darauf einstellen, dass die Kassen künftig bei Finanzengpässen unbegrenzt Zusatzbeiträge erheben dürfen. Der Kassenbeitrag der Arbeitgeber wird bei 7,3 Prozent eingefroren. Die Zusatzbeiträge sind vom Einkommen unabhängig und müssen von den Versicherten alleine bezahlt werden. Für Bedürftige ist ein steuerfinanzierter Sozialausgleich vorgesehen.

Redner der Oppositionsfraktionen lehnten die Neuregelung kategorisch ab. «Wir erleben heute den ersten Schritt in die Privatisierung der gesetzlichen Krankenversicherung», sagte die SPD- Abgeordnete Andrea Nahles. Dies sei «schlecht für 70 Millionen gesetzlich Versicherte». Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warf Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vor, er sei dabei, «eine Drei-Klassen-Medizin in Deutschland einzuführen».

Rösler wies die Vorwürfe zurück. Mit der Reform werde die Solidarität «auf eine breitere Basis» gestellt. Außer den Patienten würden alle anderen Beteiligten in die Verantwortung für eine nachhaltige und sozial ausgeglichene Finanzierung des Gesundheitssystems genommen. Der Sozialausgleich für Geringverdiener werde aus Steuermitteln beglichen. «Das ist nicht weniger, sondern mehr Solidarität», sagte der Minister.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, kritisierte den geplanten Sozialausgleich als «Almosen». Je weniger jemand verdiene, desto höher sei die Belastung. Dies nannte Lauterbach «Abkassieren der kleinen Leute». Gysi warf Rösler «Klientelpolitik» zugunsten der Pharmaindustrie und der Privatkassen vor. FDP-Vizefraktionschefin Ulrike Flach lobte dagegen, mit der Reform gelinge der Umstieg auf eine einkommensunabhängige und damit konjunkturunabhängige Kassen-Finanzierung. Das sichere Arbeitsplätze.

Die Grünen-Gesundheitsexpertin Birgitt Bender warnte davor, die derzeitige Belastungsobergrenze von zwei Prozent des Bruttoeinkommens für die Zusatzbeiträge könne bei steigenden Ausgaben schon bald auf «drei, vier oder fünf Prozent» angehoben werden. Die Finanzierung des Sozialausgleichs aus Steuermitteln stehe auf wackligen Füßen. «Die Finanzierung geht überhaupt nicht auf».

Unzufrieden mit dem Bundestagsbeschluss zeigten sich auch Wirtschaft, Gewerkschaften und Sozialverbände. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte, die Erhöhung des Beitragssatzes belaste die Betriebe mit über zwei Milliarden Euro Mehrkosten pro Jahr. Der Sozialausgleich sei ungerecht, «weil beträchtliche Einkommen wie etwa Mieten und Zinseinnahmen unberücksichtigt bleiben».

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach warf der Koalition vor, Politik gegen die Bevölkerung zu machen. «Es ist der Gipfel der Ungerechtigkeit, dass die 70 Millionen Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung künftig alle Kostensteigerungen allein mit der Kopfpauschale bezahlen sollen.» Die Sozialverbände sprachen von einem «verhängnisvollen Systemwechsel», mit dem Schwarz-Gelb «das Ende der Solidarität» eingeläutet habe.

Bundestag
12.11.2010 · 13:42 Uhr
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