Gesundheitsförderung im Job: Mehr als nur ein netter Bonus

Viele Arbeitnehmer achten heutzutage bei der Suche nach einem Job nicht allein auf eine gute Bezahlung, sondern auch auf eine positive und gesundheitsfördernde Unternehmenskultur. Dazu gehört unter anderem das betriebliche Gesundheitsmanagement. Wie dieses funktioniert, erklärt Dr. Ingo Weinreich im Gespräch mit finanzen.de.

Fitnesskurse, familienfreundliche Arbeitszeiten oder ein ergonomischer Arbeitsplatz - die Maßnahmen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) sind vielfältig. Davon profitieren jedoch nicht nur Arbeitnehmer. Auch Arbeitgeber haben Vorteile durch die Veränderungen im Unternehmen. So können sie sich durch die Gesundheitsförderung als attraktiver Arbeitgeber aufstellen und Mitarbeiter länger im Betrieb halten.

Dr. Ingo Weinreich vom Institut für Gesundheit und Management (IfG) berät seit über 20 Jahren Arbeitgeber, die ihr Unternehmen durch BGM verbessern möchten. Er erläutert gegenüber finanzen.de, wie Zufriedenheit und Gesundheit von Mitarbeitern schon mit einfachen Maßnahmen gesteigert werden können.

Dr. Weinreich, wenn Sie in ein Unternehmen gehen, das um Ihre Hilfe bittet, was finden Sie typischerweise vor?

Dr. Ingo Weinreich: In 80 Prozent der Fälle glauben die Betriebe, dass die Probleme personeller Natur sind. Die Mitarbeiter würden sich nicht ausreichend mit ihren Aufgaben identifizieren, hätten keine Lust mehr oder litten unter Stress. Oftmals haben die Unternehmen hier schon sehr viel versucht, etwa Seminare im Leistungsbereich durchgeführt oder Gesundheitskurse angeboten. Die Nachfrage besteht also darin, noch mehr in die personelle Kompetenz der Beschäftigten zu investieren.

Etwa 20 Prozent der Betriebe reflektieren auch, dass es organisationale Spannungen gibt. Diese können durch unstimmige Arbeitsprozesse, unzureichende Kommunikationswege oder unklare Zuständigkeiten verursacht sein. Gerade nach einem Restrukturierungsprozess kommt es häufig zu solchen Problemen. Oder es wird zu viel von den Mitarbeitern verlangt und die Überstunden häufen sich. Das liegt oftmals nicht an einer mangelnden Leistungsfähigkeit der Angestellten, sondern schlicht an zu wenig Personal. Hier setzt das BGM also auf der Unternehmensebene an.

Können Sie ein Beispiel dafür nennen?

Dr. Ingo Weinreich: Teilweise helfen schon einfache Maßnahmen. Sind die Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet? Sind die Ablaufprozesse hinreichend beschrieben? Sind Verantwortungsbereiche eindeutig geklärt? Gibt es Ansätze einer strukturierten Personalentwicklung? Gegebenenfalls muss in persönlichen Coachings ganz individuell geschaut werden, wie die Arbeitnehmer wieder zu einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und Freizeit kommen, sie also beispielsweise genug Erholung bekommen. Flexible Arbeitszeiten sind da ein Beispiel. Diese lassen sich nicht immer umsetzen, aber viele Betriebe haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Manche Menschen sind am frühen Morgen produktiv, während andere erst am Nachmittag richtig loslegen. Und Eltern können entspannter arbeiten, wenn sie auch mal früher losgehen können, um ihr Kind von der Kita abzuholen.

Worauf können Unternehmensgründer von Beginn an achten, um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter langfristig zu fördern?

Dr. Ingo Weinreich: Viele kleine und mittelständische Unternehmen setzen längst auf betriebliches Gesundheitsmanagement, sei es in der Gründungsphase oder darüber hinaus. Der Unterschied ist, dass sie ihre Maßnahmen nicht so nennen. Das wird vielmehr ganz pragmatisch gesehen.

Ein Beispiel: Ein kleines Start-Up-Unternehmen mit sieben Mitarbeitern sitzt in einem 150 m2-Büro. Mehrere Kollegen müssen regelmäßig telefonieren und der Gründer merkt, dass die schlechte Akustik alle beim Arbeiten beeinträchtigt. Wenn dann Maßnahmen zum Schallschutz ergriffen werden, denken weder der Chef noch die Mitarbeiter daran, dies als betriebliches Gesundheitsmanagement zu bezeichnen. Für sie kommt es darauf an, dass das Arbeiten dadurch viel angenehmer ist.

In einem weiteren Schritt trifft man sich vielleicht einmal in der Woche, um aktuelle Projekte zu besprechen. Das verbessert die Kommunikation und baut Frust ab. In so einer Betriebsatmosphäre kommen Mitarbeiter viel eher eigenverantwortlich auf den Geschäftsführer oder den Personalverantwortlichen mit ihren Problemen zu. Dann wird zusammen überlegt, welche Lösungen möglich sind.

Gibt es Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements, die sich im Nachhinein als unwirksam oder gar schädlich entpuppt haben?

Dr. Ingo Weinreich: Schädlich nicht, allerdings erwarten viele Unternehmen, dass sich ihr Krankenstand dramatisch verbessert, wenn sie mit dem Prozess beginnen. Aber das leistet das betriebliche Gesundheitsmanagement im Regelfall nicht. Denn die meisten Fehlzeiten haben individuelle, private oder ungeklärte Ursachen. Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel Erwartungen an sich selbst und seinen Beruf hat, die gar nicht erfüllt werden können, dann nützt es nichts, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Im Einzelfall ist es sicher möglich, das Jobprofil zu ändern, doch das ist keine betriebliche Lösung, sondern eine individuelle Maßnahme.

Schaut man jedoch sehr genau ins Unternehmen und das Leistungsprofil der Mitarbeiter, finden sich teilweise trotzdem Lösungen, die allgemein zu Verbesserungen führen. Arbeitnehmer werden dadurch beispielsweise motiviert, länger mit dem Ruhestand zu warten und dem Unternehmen mit ihrer Berufserfahrung zur Verfügung zu stehen.

Haben Arbeitnehmer denn ein Recht auf betriebliches Gesundheitsmanagement?

Dr. Ingo Weinreich: Nein, ein betriebliches Gesundheitsmanagement ist als Recht nicht gesetzlich verankert. Im Rahmen des Arbeitsschutzes ist jedoch vorgeschrieben, dass gesundheitliche Risiken ermittelt, Gefahrenpotentiale minimiert und die Maßnahmen dokumentiert werden müssen. Mitarbeiter haben darüber hinaus allerdings keine Möglichkeit, Maßnahmen zum BGM einzufordern. Nicht selten regen Arbeitnehmer aber Verbesserungen im Unternehmen an. Wenn es einen Betriebsrat gibt, sieht die Sache noch einmal anders aus. Schließlich hat dieser Mitspracherechte. Gerade in Branchen, in denen Fachkräfte knapp sind, wird Arbeitgebern dauerhaft nichts anderes übrig bleiben, als sich darum zu kümmern, wie es ihren Mitarbeitern geht. Sonst dürften sie diese schnell an ihre Konkurrenten verlieren.

Vielen Dank für das Gespräch, Dr. Weinreich!

Verbrauchernews
[finanzen.de] · 12.06.2017 · 09:06 Uhr
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