Figment – Es ist alles nur in deinem Kopf

Bedtime Digital Games aus Dänemark haben mit Figment ein kleines Action Adventure auf die Switch gebracht. Seit dem 27.6. könnt ihr Dustys Abenteuer spielen und ihm helfen, sich Gegnern zu stellen, Rätsel zu lösen und durch fantasievolle Länder zu ziehen. Worum es in Figment aber genau geht und ob wir hier ein kleines Goldstück oder eher ein mittelmäßiges Stück Software haben, könnt ihr im folgenden lesen.

Am Anfang war der Crash

Ihr seht eine Straße. Von irgendwo hört ihr das Brummen eines Wagens, eine Familie unterhält sich im Auto, ein Kind ist mit an Bord. Plötzlich ein Krachen. Offensichtlich ein Unfall, irgendetwas ist passiert, doch ein harter Cut verwehrt euch jede weitere Information. Im nächsten Moment seid ihr auch schon bei Dusty, einer Figur, die stark an Tingle in etwas düsterer Kleidung erinnert. Dusty hockt vor seinem Haus, will einfach nur für sich sein, sich betrinken und Trübsal blasen. War er früher die Stimme des Mutes in diesen Gefilden, so hat er jeden Elan verloren, dieser Aufgabe weiterhin nachzugehen. Wäre da nicht sein nervig optimistischer Begleiter Piper, der ihn dazu drängt, doch einfach mal loszuziehen, Erinnerungen zu sammeln und einen guten Tag zu haben. Als dann auch noch ein Monster seinen Cocktail stiehlt, bleibt Dusty tatsächlich nichts anderes übrig, als Pipers Ansagen zu folgen und sich auf den Weg zu machen.

Verdienter Preisträger

Figment hat bereits einige Indie-Awards abgeräumt. Hervorgehoben wurden dabei immer die Erzählweise, das Artdesign und die Musik. Und in allen Punkten wird euch sehr schnell klar, warum das der Fall ist. Euch wird hier auf eine sehr schöne Art der Umgang mit der Depression und Lethargie eines Menschen  nach einem schweren Unfall präsentiert. Immer wieder stoßt ihr auf kleine Erinnerungskugeln, bei denen Piper euch auffordert, diese doch endlich wieder einzusammeln. So erschließt ihr nach und nach die Geschichte eurer Familie und lasst immer mehr von den Erinnerungen zu, die euren Charakter augenscheinlich so schmerzen und überhaupt erst in diese Motivationslosigkeit des Beginns gebracht haben.

Die gesamte Welt mit ihren verwundenen Pfaden ist eine wunderbar kreative Darstellungen der unterschiedlichen Hirnwindungen, durch die ihr euch bewegt. Im Zentrum des Ganzen liegt ein kleines Dörfchen, wobei jedes Haus von einer anderen Emotion bewohnt wird. Klopft ihr an den Türen, spricht ein optimistischer, ein trauriger, ein verzweifelter, ein paranoider oder ein übermütiger Charakter mit euch. Von diesem Dorf aus bereist ihr dann die unterschiedlichen Abschnitte eures Gehirns, um im Endeffekt das Monster zu schnappen, welches euren Cocktail stibitzt hat. Nach und nach stellt sich Dustyso auch den inneren Geistern. Ihr erlebt damit den Verarbeitungsprozess eines Menschen, der ein traumatisches Erlebnis durchmachen musste.

Harter Tobak – toller Umgang

Themen wie Depression, Alkoholismus oder das erwähnte Verdrängen traumatischer Erlebnisse werden in Figment nicht unbedingt subtil dargestellt. Wer mit offenen Augen durch die Spielwelt läuft, erkennt sehr schnell, was hier gerade thematisiert werden soll. Die Symbolik der unterschiedlichen Gebiete springt euch fast ins Gesicht. Sie verdeutlicht, wessen Geistes Kind der Charakter ist, in dessen Verstand ihr euch bewegt. Vielmehr habt ihr hier einen frischen Ansatz zum Umgang mit diesen Thematiken in einem Videospiel. Denn auch wenn ihr euch nicht durch unzählige Metaphern schlagen müsst und die dargestellten Themen schnell klar werden, so passiert dies nicht mit dem Holzhammer. Ihr nehmt all die nötigen Informationen vielmehr nebenbei auf und könnt so trotz der ernsten Note die Kreativität in der Gestaltung als solche auch wertschätzen und genießen.

Hinzu kommt noch, dass Figment in jeder Situation großartig mit der eingesetzten Musik umzugehen weiß. Ob es stimmige Melodien im Hintergrund sind, Soundstücke, die on point auf das Geschehen auf dem Bildschirm abgestimmt sind oder Bossgegner, die während der Kämpfe ununterbrochen singen. Wenn schon zu Beginn der Soundtrack punktgenau auf ein paar platschenden Regentropfen liegt, wisst ihr, dass hier nichts zufällig eingespielt wird. Die Musik passt zum Spiel wie die Faust aufs Auge. Gerade die Bosskämpfe sind dabei hervorzuheben. Was ein gut geschriebener Song in so einem Kampf ausmachen kann, zeigte schon the Great Mighty Poo aus Conker’s Bad Fur Day. Und auch wenn Figment hier vielleicht nicht an die Komik des Rare-Klassikers heranreicht, so motiviert euch jedes Lied eurer Gegner dazu, den Kampf bloß nicht schleifen zu lassen.

Nicht alles kreatives Gold, was glänzt

Doch bei so viel Schwärmerei: Ist an Figment wirklich alles wunderbar? Wie so oft bei solch rhetorischen Fragen lautet die Antwort leider „Nein“. Denn so wundervoll kreativ die Spielwelt, die Gestaltung eben dieser und der Soundtrack auch sein mögen, sobald ihr euch durch diese Welt bewegt, stoßt ihr auf einige Macken im Gameplay, die euch schnell demotivieren können. Der Spielablauf besteht dabei aus zwei Kernelementen: Kampf und Rätseln. Den Gegnern könnt ihr euch mit einem Schwert stellen, welches entweder einen schnellen Hieb oder einen aufgeladenen Schlag ermöglicht. Währenddessen geht oder rollt ihr feindlichen Attacken aus dem Weg. Viel mehr Möglichkeiten habt ihr also nicht. Wenn euch Horden an Gegnern gegenüberstehen, ist es einfach nur noch müßig, so limitiert in den Kampf zu gehen. Ihr lauft, ladet einen Schlag auf, haut zu. Und von vorne. Im Kampf fehlt einfach die nötige Abwechslung.

Und das gleiche Problem findet ihr auch bei den Rätseln. Diese sind nämlich fast immer darauf ausgelegt, eine Batterie für einen Sockel oder einen bestimmten Schalter zu finden, um neue Bereiche zu erschließen. Wenn ihr dann zum zwanzigsten Mal eine farbige Energiezelle oder eine Fahrstuhlplattform in euer Inventar gepackt habt, ständig bereits bekannte Wege zurückreist, um diese Gegenstände dort irgendwo zu platzieren, dann wird dieser Prozess schnell ermüdend. Dafür fehlt einfach die Abwechslung. Dusty bewegt sich dafür einen Ticken zu langsam und träge, als dass dieses ständige Backtracking unproblematisch hingenommen werden kann. Die wundervolle Gestaltung des Spiels bringt leider nur wenig, wenn es so schnell langweilig wird, sich in diesem zu bewegen. Hinzu kommen dann noch unangenehme Ladezeiten auf der Switch zwischen den einzelnen, großen Gebieten.

Figments Fazit

Figment hätte wirklich ein Meisterwerk sein können. In manchen Punkten ist es das nämlich absolut. Wie hier ein Thema aufgegriffen und behandelt wird, bringt unfassbar frische Ideen in die Welt der Videospiele. Der Verstand, in den ihr euch hier begebt, lädt zur Erkundung ein. Er lässt euch immer wieder schmunzelnd und begeistert auf den Bildschirm blicken. Wenn eine ähnliche Detailverliebtheit ins Gameplay geflossen wäre, so hätten wir hier ein absolutes Pflichtspiel. Aber hätte, hätte, Fahrradkette. Das Spieltempo ist für die immer wieder auftauchenden Kämpfe und Rätsel einfach zu langsam. Die jeweiligen Elemente sind zu eintönig, als dass ihr die Begeisterung der Spielwelt wirklich aufrecht halten könnt. Und so wird aus einem großartigen Ansatz leider „nur“ ein okayes, schönes Spiel.

Gaming
[next-gamer.de] · 12.07.2018 · 13:02 Uhr
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