EU-Lieferkettengesetz im Umbruch: Rechte Mehrheit erzwingt Abschwächung
Die Europäische Union steht vor einer bedeutsamen Wende in ihrer Gesetzgebung zum Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten. Ein Kompromiss zwischen den Unterhändlern der EU-Staaten und des Europaparlaments hat sich auf eine Lockerung des geplanten Lieferkettengesetzes verständigt, was für viele Beobachter überraschend kam.
Künftig sollen die Regelungen dieses Gesetzes nur noch für Großunternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro gelten. Das ursprüngliche Ziel, Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 450 Millionen Euro einzubeziehen, wurde aufgegeben. Ferner entfällt die zivilrechtliche Haftung auf EU-Ebene für Firmen, die gegen die Vorschriften verstoßen; dies schließt auch die Verpflichtung aus, Handlungspläne für Klimaziele zu entwickeln.
Die Entscheidung erfolgte nach einem turbulenten politischen Tauziehen. Insbesondere die konservative Fraktion des Europaparlaments, unterstützt von rechten und rechtsextremen Parteien, spielte eine Schlüsselrolle in der Aufweichung der Regelungen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ging noch einen Schritt weiter und forderte eine vollständige Abschaffung der Richtlinie. Die Vorhaben, Menschenrechte weltweit zu stärken und Unternehmen für Verstöße zur Verantwortung zu ziehen, stießen bei vielen Unternehmen auf vehemente Kritik. Sie befürchteten eine unzumutbare bürokratische Belastung, die durch die Überprüfung potenzieller Regelverstöße entlang komplexer Lieferketten entstehen könnte.
Der politische Schachzug wurde von Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen scharf kritisiert. Die konservative EVP, zu der die CDU und CSU gehören, feierte jedoch einen strategischen Erfolg, indem sie eine Mehrheit jenseits der traditionellen Allianzen herstellte. Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken äußerte seine Bestürzung über diese Entwicklung und bezeichnete sie als 'schwarzen Tag für Europa.'
Obgleich die formelle Genehmigung des Parlaments und der EU-Mitgliedsländer noch aussteht, wird diese in der Regel als Formsache betrachtet. Spannend bleibt, welche Auswirkungen dieser Schritt auf künftige Gesetzesvorhaben und die Zusammenarbeit innerhalb des Europaparlaments haben wird.

