Brüssel öffnet Spielraum für KI-Anbieter: EU will Bürokratie abbauen, um Innovationskraft zu stärken
Die Europäische Kommission zieht eine geplante Haftungsrichtlinie für Künstliche Intelligenz (AI Liability Directive) zurück und reduziert damit den Umfang neuer Auflagen für Technologieanbieter. Henna Virkkunen, Vizepräsidentin der Kommission und verantwortlich für Digitalpolitik, betonte gegenüber der Financial Times, dass dies kein Zugeständnis an US-Großkonzerne oder die Trump-Regierung sei. Vielmehr gehe es darum, Europas Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Unternehmen nicht durch überzogene Meldestandards zu hemmen.
Der Schritt folgt einer Reihe deutlicher Proteste aus dem Silicon Valley, zuletzt vom US-Vizepräsidenten JD Vance, der in Paris vor „überbordenden internationalen Regeln“ gewarnt hatte. Tatsächlich hat Brüssel kürzlich sein Ziel bekräftigt, Bürokratie zu verringern: Künftig sollen keine zusätzlichen Berichtspflichten mehr eingeführt werden, die über das bereits beschlossene EU AI Act hinausgehen. Diese Verordnung stuft Künstliche Intelligenz je nach Risikograd ein – von Anwendungen in Gesundheit und Sicherheit bis hin zu generativen Systemen wie GPT‑4 und Google Gemini, für die eine höhere Transparenz bei Datentraining und -einsatz gilt.
Zwar fordern US-Konzerne wie Google und Meta Abstriche am geplanten KI-Verhaltenskodex, doch Virkkunen bestreitet, dass die Deregulierung vom starken politischen Druck aus Washington motiviert sei. Vielmehr stecke dahinter das europäische Bestreben, „Innovationspotenzial zu entfachen, ohne die eigenen Grundwerte aufzugeben“. Eine Lockerung bestehender Plattformregeln – etwa zu Wettbewerbsfragen und Verbraucherrechten – komme nicht in Frage. Henna Virkkunen verweist auf die hohe Bedeutung des Binnenmarktes für amerikanische IT-Riesen, der sie faktisch zur Einhaltung europäischer Vorgaben zwinge.
Damit bleibt Brüssel in einer doppelten Rolle: Einerseits öffnet die EU den Raum für KI, um Investoren und Entwicklern Anreize zu bieten, andererseits will sie zu starke Marktmacht und Datenmissbrauch entschlossen eindämmen. „Wir sind offen für Geschäfte“, sagt Virkkunen, „doch unser digitaler Raum darf kein gesetzloser Wildwest sein.“