Atom-Laufzeiten und Energieabgabe heftig umstritten

Berlin (dpa) - Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat seinen Parteifreund, Umweltminister Norbert Röttgen, in der Debatte über längere Atom-Laufzeiten scharf angegriffen.

Mappus hielt Röttgen vor, seine Aufgabe beim Thema Energie wäre «gutes Politikmanagement im Namen der CDU» gewesen. «Mich stört, dass er das nicht getan hat», sagte Mappus der «Süddeutschen Zeitung». Zudem stellte Mappus die Brennelementsteuer infrage, wenn sie nur Geld in die Staatskasse spülen soll. Die Atom-Steuer ist größter Einzelposten im Sparpaket und soll ab 2011 jährlich 2,3 Milliarden Euro bringen.

Derweil sind SPD und Grüne fest entschlossen, die Regierungspläne für verlängerte Laufzeiten von Atommeilern notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht zu kippen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warnten am Wochenende davor, in dieser Frage den - demnächst von der Opposition dominierten - Bundesrat zu umgehen.

Gabriel sagte der «Bild am Sonntag», selbst CDU-Umweltminister Röttgen und CDU-Ministerpräsidenten warnten vor einem «Verfassungsbruch» durch Kanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP). «Wir würden deshalb dagegen klagen und dem Gericht die eigenen Gutachten der Bundesregierung als Begründung vorlegen.» Künast sagte der «Wirtschaftswoche»: «Wer versucht, die Länder in dieser Frage auszutricksen, wird uns in Karlsruhe treffen.»

Der SPD-Chef betonte, man werde nicht zulassen, dass die Regierung einen «Kuhhandel mit der Atomwirtschaft» betreibe. Gabriel: «Alte und störfallanfällige Atommeiler wie Biblis A weiterlaufen zu lassen, nur um im Gegenzug von der Atomwirtschaft Geld durch eine Brennelemente- Steuer zu bekommen, ist ein unverantwortlicher Deal. Das werden wir stoppen.» Ministerpräsident Beck wandte sich in der «Rheinpfalz am Sonntag» ebenfalls gegen ein solches «Handelsgeschäft».

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bleibt indes dabei, dass der Bundesrat der Laufzeitverlängerung nicht zustimmen muss. «Das ist meine feste Überzeugung», sagte er den «Ruhr Nachrichten». Röttgen sagte der «Super Illu», die Atom-Restlaufzeit solle so kurz wie möglich sein. Schwarz-Gelb kann die Laufzeiten nach einem Gutachten von Ex-Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier für Röttgen nicht ohne Länder-Zustimmung verlängern. Die Länder haben bisher die AKW-Aufsicht in ihrem Gebiet. Die Mehrheit von CDU, CSU und FDP in der Länderkammer ginge bei einem für Mittwoch geplanten Regierungswechsel zu Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen verloren.

Mappus plädiert dafür, Zusatzeinnahmen aus Laufzeitverlängerungen «eins zu eins in erneuerbare Energien» fließen zu lassen. Wenn es wie Abkassieren für marode Etats aussehe, würden die Leute das nicht akzeptieren. «Ich will nicht, dass das Geld im Haushalt verschwindet, wie es bei der Brennelementesteuer der Fall wäre», sagte Mappus. Die neue Atomsteuer soll bis 2014 insgesamt 9,2 Milliarden Euro einbringen. Sie soll nach Vorstellungen in der Koalition unabhängig von längeren Laufzeiten erhoben werden. Daneben sollen die Stromkonzerne eine zusätzliche Abgabe zahlen, mit der ein Großteil der Milliarden-Zusatzgewinne aus längeren Betriebszeiten abgeschöpft werden soll. Damit soll der Ausbau der Öko-Energien gefördert werden.

Mappus hatte im Zusammenhang mit den Atom-Laufzeiten vor einigen Wochen bereits den Rücktritt Röttgens gefordert. Die erneute Attacke gegen den Umweltminister stieß in der Union am Wochenende auf Kritik. «Herr Mappus greift damit auch die Kanzlerin an. Ich finde das unerträglich», sagte der Unions-Obmann im Umweltausschuss, Josef Göppel (CSU), der Deutschen Presse-Agentur. Wenn der Stuttgarter Ministerpräsident so weitermache, werde er seine Landtagswahl 2011 verlieren, sagte Göppel mit Blick auf Mappus' Zweifel an der Ausgestaltung einer Brennelementesteuer und sein Eintreten für eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken um bis zu 17 Jahre. Göppel betonte, auch in Baden-Württemberg lehne die Bevölkerung eine Zukunft für die Atomkraft mit großer Mehrheit ab.

Auch das schwarz-gelb regierte Schleswig-Holstein fährt der Regierung bei ihren Laufzeit-Plänen in die Parade. Das Land hat laut «Spiegel» die Teilnahme an einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe aufgekündigt, in der beraten wird, wie die Reaktoren bei längeren Laufzeiten nachgerüstet werden sollen. Die Kieler Atomaufsicht hält - offenbar anders als der Bund - umfangreiche Nachrüstungen an alten AKWs für notwendig, wenn deren Laufzeiten verlängert werden sollen.

Sparpaket der Regierung mit Atomsteuer

Atom / Laufzeiten
11.07.2010 · 15:28 Uhr
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