Analyse: Schwere Panne für Merkel

Berlin (dpa) - Angela Merkel hatte den tosenden Applaus nach ihrer historischen Rede in Washington wohl noch im Ohr. Doch schon beim nächtlichen Rückflug aus der US-Hauptstadt nach Berlin wurde die Kanzlerin von der bitteren Realität eingeholt.

Der US-Konzern General Motors (GM) hat den Opel-Verkauf völlig überraschend abgeblasen. Politik und Unternehmen stehen nach der 180-Grad-Kehrtwende in Detroit und Washington genau wieder dort, wo das hektische Tauziehen um die beiden Sanierungsfälle GM und Opel vor einem Jahr begonnen hatte. Für eine deutlich verärgerte Merkel und die Bundesländer ist es mehr als eine kleine Reifenpanne, die man mal eben so repariert. Der Plan Magna war auch ein Plan Merkel.

Nun drängt sich der Verdacht auf, dass ein Scheitern in Berlin durchaus einkalkuliert worden sein könnte. Der September-Durchbruch für Magna nur zwei Wochen vor der Bundestagswahl kam damals überraschend. Er passte nur zu gut ins Drehbuch von Union und SPD, die sich als Opel-Retter feiern lassen wollten.

Der massiv vom Wahlkampf beeinflusste Deal war von Anfang an mit heißer Nadel gestrickt. Dabei schätzten offensichtlich Berlin und die Ministerpräsidenten der Opel-Länder die Amerikaner völlig falsch ein - und trauten dem selbst in tiefroten Zahlen steckenden Zulieferer Magna sowie dessen russischen Partnern zu viel zu. Die Verträge waren unterschriftsreif, im GM-Verwaltungsrat kippte dennoch die Mehrheit.

Selbst der neue FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der immer zu den Kritikern des Geschäfts gehörte, nannte das Verhalten von GM «völlig inakzeptabel». Jetzt müssten die Interessen der Steuerzahler geschützt werden. Die scharfen Töne über den großen Teich geben einen Vorgeschmack auf das Tauziehen um weitere Staatshilfen für Opel.

Die bereits gezahlte Brückenfinanzierung von bis zu 1,5 Milliarden Euro, wird in Berlin schon mal forsch angemahnt, müsse bis Ende November fristgerecht zurückzahlt werden. Schließlich ist die Ausgangslage eine andere. GM, das sich nun offenbar stark genug fühlt, zeigte sich dazu bereit. Die Bundesregierung könnte kaum begründen, dass mit deutschem Steuergeld über den Umweg Opel ein notleidender US-Konzern quersubventioniert wird. Das gilt umgekehrt aber auch für die US-Regierung - amerikanisches Geld für Opel?

Der Detroiter Autoriese, der erst im Juli aus der Insolvenz rollte und mehrheitlich in Staatshand ist, dürfte bei der Opel-Sanierung in Eigenregie kaum ganz auf deutsche Milliarden verzichten wollen. Ein möglicher Antrag auf Hilfen aus dem «Deutschlandfonds» werde selbstverständlich geprüft, heißt es im Wirtschaftsministerium. Dazu müsste aber das Sanierungs- und Finanzierungskonzept vorliegen.

Die bisherigen Pläne von GM, das vor einem Jahr selbst an die Bundesregierung als Bittsteller herangetreten war, hatten Berlin jedenfalls nicht überzeugt. Und das Vertrauen in GM ist nicht gerade gestiegen. Die Frage einer Anschlussfinanzierung stellt sich nun nicht, die laufenden Zahlungen ab Dezember - etwa Löhne für die europaweit 50 000 Mitarbeiter - muss GM jetzt selbst stemmen.

Insgesamt 4,5 Milliarden Staatshilfen wollte Berlin für «New Opel» eigentlich beisteuern - aber eben nur bei einem Zuschlag für Magna. Darauf hatten vor allem die Bundesländer gepocht. Was eine Steilvorlage für die misstrauischen EU-Wettbewerbshüter war, die unerlaubte Absprachen witterten und Deutschland die gelbe Karte zeigten. Brüssel stellte nun klar, dass die Bundesregierung GM nicht automatisch die gleichen Staatshilfen wie Magna anbieten muss.

Bei ihrem Kurztreffen mit US-Präsident Barack Obama in Washington wusste Merkel von der GM-Entscheidung angeblich noch nichts. Der Verwaltungsrat des US-Konzerns kam zwar erst später zusammen. In dem Spitzengremium sitzen allerdings viele Vertreter, die von der US- Regierung ausgesucht wurden. Aber offenbar bekam Merkel keinen heißen Tipp. Die Bundesregierung beteuert jedenfalls, dass es keinerlei Hinweise gegeben habe, dass die US-Regierung und Obama unmittelbar mit der Entscheidung des GM-Verwaltungsrates befasst waren.

Die Krisenmanagerin Merkel will jeden Eindruck vermeiden, nach der Wahl lasse das Engagement der schwarz-gelben Regierung für Opel nach. Die Kanzlerin werde wohl noch in den nächsten Tage mit Obama Kontakt aufnehmen, Gespräche mit Ländern und Betriebsrat liefen. Die Zeit drängt, Opel verbrennt jeden Monat Millionen. Tatsache ist auch, dass der Staat plötzlich Opel als Eigentümer am Bein haben könnte, sollte GM die Überbrückungshilfe bis Ende November nicht zurückzahlen. Das Szenario gilt zwar als höchst unwahrscheinlich. Die Erfahrungen mit Detroit und Washington haben aber gezeigt: Nichts ist unmöglich.

Auto / Opel
04.11.2009 · 23:02 Uhr
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