Analyse: Schwarz-grünes Experiment gescheitert

Hamburg (dpa) - Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus und der CDU-Vorsitzende Frank Schira tauchen erstmal ab.

Kaum hat die Grünen-Spitze am Sonntag Deutschlands erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene aufgekündigt, sagen Ahlhaus und Schira ihre eigentlich geplante Pressekonferenz zur jüngsten Klausurtagung kurzfristig ab. Von der Entscheidung des kleinen Koalitionspartners offensichtlich vollkommen überrascht versammeln sich die CDU-Parteistrategen stattdessen zu einer eiligst einberufenen Landesvorstandssitzung.

Schon dieser Vorgang zeigt, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen CDU und Grünen, die sich in Hamburg GAL nennen, seit dem Rücktritt von Ole von Beust im August geworden ist. Die Hauptverantwortung geben die Grünen Bürgermeister Ahlhaus, der an diesem Donnerstag gerade mal 100 Tage im Amt ist. Vor allem mit seinen Personalentscheidungen hat der 40-Jährige den Partner erbost. Insgesamt fünf Senatoren - alle auf CDU-Ticket im Senat - haben in den vergangenen fünf Monaten ihren Hut genommen. Und auch deren Nachfolger haben bislang mit Ausnahme von Innensenator Heino Vahldieck (CDU) wenig Fortune bewiesen.

Reinhard Stuth (CDU) etwa - vom damaligen Bürgermeister Beust als Kulturstaatsrat gefeuert und von Ahlhaus als Kultursenator zurückgeholt - hat binnen kurzer Zeit die gesamte Kulturszene derart gegen sich aufgebracht, dass Ahlhaus die Sparbeschlüsse des Senats im Kulturbereich wieder zurückdrehen musste. Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) wiederum ist bislang vor allem dadurch aufgefallen, dass er seinen Lebenslauf geschönt hat und nach wie vor den Eindruck erweckt, nicht ganz bei der Sache zu sein - etwa wenn er im Parlament nicht mitbekommt, worum es gerade geht, und so lange eine Rede zum falschen Thema hält, bis ihn das Präsidium stoppt.

Das Fass zum Überlaufen brachte jedoch die Personalie Carsten Frigge. Obwohl der CDU-Finanzsenator wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen im Zusammenhang mit der CDU-Finanzaffäre in Rheinland-Pfalz bereits politisch angeschlagenen war, beließ ihn Ahlhaus bei seiner Regierungsübernahme im August im Amt - was sich gerade mal drei Monate später rächen sollte. Denn vergangene Woche erklärte der Nachfolger des ebenfalls vorzeitig ausgeschiedenen Finanzsenators Michael Freytag (CDU) mitten in der Haushaltsdebatte seinen Rücktritt. Danach kommentierte er das Ende seiner gerade mal achtmonatigen Amtszeit mit den Worten: «Endlich frei!»

Es sind aber nicht nur Personalentscheidungen, welche das bundesweit beachtete Koalitionsexperiment zum Scheitern gebracht haben. «Der gemeinsame Geist und die große Verlässlichkeit (...) sind verflogen», sagt die GAL-Vorsitzende Katharina Fegebank. Und die zweite Bürgermeisterin und Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) betont: «Die Abstimmungen und Absprachen waren nicht mehr belastbar. So kann man nicht regieren.» Sie spricht sogar von «Missmanagement», was aus Sicht der Grünen auch die lange anhaltende Weigerung der CDU zum Rauswurf des umstrittenen HSH-Nordbank-Chefs Dirk Jens Nonnenmacher gewesen sein dürfte.

Das war zu Zeiten von Bürgermeister Beust anders. Obwohl Ole von Beust anders als Ahlhaus nie ein Bürgermeister «zum Anfassen» sein wollte, gab er den Grünen durch seine umgängliche Art dennoch stets das Gefühl, Niederlagen nicht allein tragen zu müssen.

Nun steht vor allem die CDU vor einem Scherbenhaufen. Denn wenn die GAL-Basis am 13. Dezember das Aus für Schwarz-Grün bestätigt und ein entsprechender Antrag im Parlament am 15. Dezember glatt über die Bühne geht, könnte bereits im Februar oder März 2011 gewählt werden. Die Grünen kommen zwar derzeit in Hamburg anders als im Rest der Republik in Umfragen auch nur auf mäßige Ergebnisse. Doch im Gegensatz zur CDU haben sie mit der SPD eine echte Alternative.

Die CDU dagegen, in Umfragen seit April konstant hinter der SPD, könnte nur auf die FDP zurückgreifen. Und die ist nicht mal in der Bürgerschaft vertreten und würde derzeit erneut an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Hinzu kommt, dass die CDU seit Beusts Weggang keinen echten Spitzenpolitiker mehr vorweisen kann und Ahlhaus immer noch kaum bekannt ist. Wohl auch deshalb reagiert die CDU an diesem Sonntag entsprechend vergrätzt. Rund dreieinhalb Stunden nach den Grünen äußert sich Ahlhaus dann doch, zeigt sich enttäuscht - und verkündet, dass sämtliche GAL-Senatoren am Montag entlassen werden.

Senat / Parteien / Hamburg
28.11.2010 · 22:05 Uhr
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