Analyse: Schröders Nein zum Irak-Krieg gut für Merkel

Berlin (dpa) - Die Union unter Oppositionsführerin Angela Merkel befürchtete den Bruch mit Amerika, Diplomaten bei den Vereinten Nationen das Ende der Konsenspolitik im Sicherheitsrat - und eine kleine Stadt in Niedersachsen wurde weltbekannt.

Am 21. Januar 2003 rief der damalige Kanzler Gerhard Schröder (SPD) vom Marktplatz in Goslar in die Welt: Einen Krieg gegen den Irak wird Deutschland nicht mitmachen - nicht einmal mit einem Mandat des UN-Sicherheitsrats.

Aber weder zerbrach das Verhältnis zu den USA noch der Weltsicherheitsrat. Und seit Merkel selbst das Land regiert, dürfte sie angesichts der schwierigen Lage in Afghanistan wohl froh sein, dass die Bundeswehr nicht an einer zweiten Front im Irak kämpfen musste. In Afghanistan wurden bereits dutzende deutsche Soldaten getötet, viele verletzt und noch mehr traumatisiert. Und ihrerseits töten und verletzen sie Afghanen. Eine völlig neue Situation.

Zwei Drittel der Deutschen lehnten damals laut Umfragen einen Krieg gegen den Irak ab - so wie heute ein ähnlich großer Teil der Bundesbürger den Afghanistan-Einsatz. Diesen hatte Schröder 2001 nach den Anschlägen auf die USA mit «uneingeschränkter Solidarität» mit den USA befürwortet. In der Anfangszeit war das Engagement der deutschen Soldaten mit Schul- und Brunnenbau allerdings mehr eine Friedensmission. Mit der Rückkehr von radikalislamischen Taliban in das Land und zunehmenden Anschlägen auch auf die Bundeswehr wurde es mehr und mehr auch ein deutscher Kampfeinsatz.

Schröder hatte ein sicheres Gespür für die Stimmung in der deutschen Bevölkerung, als sich die USA auf einen Krieg gegen den Irak vorbereiteten. Kritiker sind sich jedoch sicher, dass er diesem so nicht nachgegeben hätte, wäre er nicht im Wahlkampf gewesen. Sein Nein zum Irak-Krieg habe ihm die knappe Wiederwahl von Rot-Grün 2002 im Bund gesichert, heißt es. Später wurde bekannt, dass Deutschland die USA indirekt etwa mit Begleitschutz von Kriegsschiffen unterstützten. Zum Abzug der US-Soldaten aus dem Irak am Donnerstag wollte sich Schröder auf Anfrage nicht äußern. Insgesamt war von deutschen Politikern dazu wenig zu hören.

Was der Altkanzler im Falle des Iraks weitsichtig erklärt hatte, war vor dem Afghanistan-Einsatz von ihm nicht zu hören gewesen. «Derjenige, der irgendwo reingeht, muss sehr genau wissen, was er dort will und wie er wieder rauskommt», sagte Schröder 2002. In Afghanistan ist die Bundeswehr bald zehn Jahre.

2003 hatte Merkel von Schröder verlangt, nur gemeinsam mit den Bündnispartnern über ein Vorgehen gegen den Irak zu entscheiden. Sie betonte damals: «Niemals würde eine unionsgeführte Bundesregierung einen deutschen Alleingang machen.» Bei SPD und Grünen wurde das als Kriegsbereitschaft gewertet. In Anspielung auf Staaten, die wie Großbritannien den USA Unterstützung im Irak zugesagt hatten, warf Schröder der Union vor: «Es gibt auch in unserem Land eine Koalition der Willigen für den Krieg. Die CDU/CSU gehört dazu.» Merkel nannte das eine Verleumdung der Union als «Kriegstreiber».

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zählte Deutschland wegen Schröders Anti-Irakkriegshaltung damals zum «alten Europa». Manche Abgeordnete machten sich lustig darüber, indem sie ironisch meinten, immerhin zähle Rumsfeld Deutschland nicht zur «Achse des Bösen». Dem «Falken» Rumsfeld präsentierte sich der damalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) vor der Münchner Sicherheitskonferenz dann nicht als Taube. «I'm not convinced» (Ich bin nicht überzeugt), sagte er Rumsfeld im Februar 2003 ins Gesicht. Rumsfeld kochte vor Wut. Gut einen Monat später griffen die USA den Irak an.

Konflikte / Irak / USA / Deutschland
19.08.2010 · 21:18 Uhr
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