Allmachtsfantasien im Kinderzimmer

08. Januar 2019, 17:50 Uhr · Quelle: dpa

Berlin/Wiesbaden (dpa) - Am Anfang ist alles noch ein großer Spaß - zumindest aus Sicht des Täters. Zuhause bei den Eltern in einer hessischen Kleinstadt sammelt der Schüler Daten von Künstlern, Politikern und YouTube-Stars, die in seiner Generation fast jeder kennt.

Er habe all diese Menschen «bloßstellen» wollen, sagt der 20-Jährige hinterher bei der Vernehmung. Da klingen Allmachtsfantasien durch.

Auch als er die ersten erbeuteten Datenpakete Anfang Dezember online stellt, bleibt der große Knall erst einmal aus. Kaum jemand nimmt Notiz davon, dass er über Twitter-Accounts Privates bekannter Persönlichkeiten ins Netz stellt. Erst am 3. Januar bekommt die umfangreiche Datenklau-Aktion plötzlich eine Dynamik.

Einige Abgeordnete haben da zwar schon festgestellt, dass sie plötzlich von Fremden auf Nummern angerufen werden, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Doch richtig aktiv werden die Behörden erst am Donnerstag vergangener Woche um 22.40 Uhr, als Mitarbeiter aus dem Büro von SPD-Chefin Andrea Nahles im Lagezentrum des Bundeskriminalamtes anrufen. In den frühen Morgenstunden werden alle Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern alarmiert. Um 6.50 Uhr wird Bundesinnenminister Horst Seehofer über den Datenklau und die illegale Veröffentlichung informiert.

Wer dahinter steckt, wissen die Behörden noch nicht. Dutzende von Beamten werden zusammengerufen. Am Freitag um 10.30 Uhr teilen die Behörden ihr zu diesem Zeitpunkt noch recht bescheidenes Wissen mit den Parteien. Wilde Spekulationen schießen ins Kraut. Steckt da vielleicht ein ausländischer Nachrichtendienst dahinter?

Der Vorfall hat jetzt auch die Medien erreicht, die breit berichten. Der Nerd bekommt langsam kalte Füße. Er löscht Daten - versucht, Beweise zu vernichten.

Bis Sonntagmittag braucht die Polizei, um den Datendieb aus der hessischen Kleinstadt zu enttarnen. Sonntagabend wird die Wohnung der Eltern durchsucht. Die Polizei nimmt den Hacker mit, der nach Angaben von BKA-Präsident Holger Münch zuerst noch etwas wortkarg ist. Das ändert sich über Nacht. Am Montag legt der Schüler aus Homberg (Ohm) ein umfassendes Geständnis ab.

Der Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität, Georg Ungefuk, sagte, der 20-Jährige habe Reue gezeigt. Er sei bei der Ausspähung und Veröffentlichung der privaten Daten möglicherweise unbedacht oder leichtfertig gewesen. Bei jüngeren Tätern erlebe man oft, dass dann, wenn plötzlich die Polizei vor der Tür stehe, doch «ein großes Nachdenken einsetzt».

Vorstrafen hat der Hacker zwar nicht. Doch für die Behörden ist er auch kein ganz unbeschriebenes Blatt. Münch sagt, der inzwischen wieder freigelassene Beschuldigte sei bereits vor gut zwei Jahren als Tatverdächtiger im Zusammenhang mit der «Ausspähung von Daten» ermittelt worden.

Der BKA-Chef zeichnet das Bild eines jungen Mannes, der zwar starke Meinungen hat - die Politiker, deren Daten er veröffentlicht hat, hat er sich danach ausgesucht, ob ihm ihre Äußerungen oder die Positionen ihrer Partei nicht passten. Von einem klaren politischen Motiv gehen die Ermittler bisher aber nicht aus.

«Kinderzimmer-Täter» seien im Bereich der Cyberkriminalität keine Seltenheit, erklärt Münch. Er erinnert an einen jungen Täter, der von zu Hause aus im großen Stil im Darknet Drogen verkauft hat. Und warnt Eltern: Nicht alle, die viele Stunden einsam vor dem Bildschirm sitzen, wollen nur spielen.

Der aktuelle Fall sei von seiner Größenordnung her «durchaus bemerkenswert», sagt Arne Schönbohm, Leiter des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Gleichzeitig betont er, seine Behörde sei nicht zuständig für die Absicherung der privaten oder parteiinternen Kommunikation von Politikern, sondern nur für die Netze der Bundesregierung.

Das klingt ein bisschen so, als wolle sich da jemand aus der Verantwortung stehlen. Auf der anderen Seite gibt es viele Abgeordnete, denen es auch gar nicht geheuer wäre, wenn sich eine Behörde, die dem Bundesinnenministerium untersteht, um den Schutz ihrer Kommunikation im Bundestag oder anderswo kümmern würde.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ist eher in der analogen Welt zu Hause. Und er sagt am liebsten erst dann etwas öffentlich, wenn er Erfolge zu vermelden hat. Dafür, dass er sich in den ersten Stunden nach Bekanntwerden des Datenklaus nicht umfassend dazu äußern wollte, ist er kritisiert worden. Doch er beharrt darauf, dass er es auch in ähnlichen Fällen künftig so handhaben wolle, denn sonst «verwirren sie die Bevölkerung total».

Internet / Datenschutz / Kriminalität / Deutschland / Hessen
08.01.2019 · 17:50 Uhr
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