27 Jahre Gefängnis – Bolsonaro stilisiert sich schon als politischer Märtyrer
Als Brasiliens oberstes Gericht das Urteil fällte, glänzte Jair Bolsonaro durch Abwesenheit. 27 Jahre und drei Monate Haft lautete das Strafmaß für den Mann, der nach seiner Abwahl 2022 den Umsturz geplant haben soll. Der 70-Jährige, einst Symbolfigur der Rechten in Südamerika, schwieg im Gerichtssaal – und inszenierte sich stattdessen vor seiner Villa: trotzig, selbstbewusst, als Opfer der Justiz.
Gefängnis oder Bühne?
Juristisch scheint der Fall eindeutig. Politisch ist er explosiv. In den sozialen Netzwerken jubeln Bolsonaristas bereits über eine mögliche Auferstehung ihres Idols. Im Kongress kursieren Vorstöße für eine Amnestie – auch wenn Brasiliens Richter diese für verfassungswidrig erklären würden. Doch genau in diesem Konflikt mit der Justiz liegt das, was Bolsonaro schon immer gesucht hat: den Kampf gegen „die Eliten“.
Trump als Verbündeter, Lula als Vorbild
Unterstützung kommt aus den USA: Donald Trump fordert öffentlich, Bolsonaro „in Ruhe zu lassen“. Auch innenpolitisch gibt es Parallelen: Lulas politisches Comeback nach seiner eigenen Gefängniszeit gilt vielen Bolsonaristas als Blaupause. Ein Urteil am falschen Gerichtsort oder politische Deals könnten auch ihren Anführer zurückbringen.
Das Dilemma der Nachfolge
Ein Problem bleibt: Wer soll Bolsonaro vertreten, solange er gesperrt ist? Seinen Söhnen fehlt das Format, Verbündete vertraut er kaum. Seine Frau Michelle Bolsonaro gilt zwar als charismatisch und populär, doch auch sie traut der Ex-Präsident nicht vollends. Bolsonaro vertraut am Ende nur Bolsonaro – ein Misstrauen, das seine Bewegung schwächt.
Stärker hinter Gittern?
Ob 27 Jahre Haft Bolsonaro brechen oder ihn zum Märtyrer machen, ist offen. Doch Brasiliens Justiz hat mit ihrem Urteil einen Machtkampf eröffnet, der die politische Zukunft des Landes prägen könnte. In den Straßen feiern die Gegner, im Netz mobilisieren die Anhänger – und beide Seiten wissen: Bolsonaro ist noch längst nicht erledigt.


