«Spiegel»: Zweite Stasi-Akte über Kurras
In den Wirren der damaligen Zeit sei es nicht mehr dazu gekommen. Ein Sprecher der Stasi-Unterlagenbehörde bestätigte der Deutschen Presse-Agentur dpa die Existenz der Akte. Durch eine Vielzahl von Anträgen von Medien auf Einsicht sei mit weiteren Veröffentlichungen in dieser «Großgeschichte» zu rechnen. Von Seiten der Behörde gehe die Aufarbeitung «Schritt für Schritt weiter».
Durch einen Fund in der Birthler-Behörde war vor kurzem bekanntgeworden, dass Kurras SED-Mitglied und Stasi-Spitzel war. Auf dieser Grundlage galt bisher als gesichert, dass die Stasi nach dem Tod Ohnesorgs die Verbindung zu Kurras «abgeschaltet» hatte. Durch die nun dem «Spiegel» nach eigenen Angaben exklusiv vorliegende zweite Stasi-Akte sei klar geworden, dass Kurras noch lange nach dem tödlichen Schuss auf Ohnesorg von starkem Interesse für die Stasi gewesen sei. In den Vorgang seien bis 1989 hohe Stellen bis zum Stellvertreter von Stasi-Chef Erich Mielke, Gerhard Neiber, eingeschaltet gewesen.
Sogar noch nach dem Mauerfall sei der ganze Vorgang Chefsache gewesen. Der Stasi-Oberstleutnant Werner Eiserbeck habe Ende November 1989 angeordnet: «Der Vorgang ist zu vernichten.» Die Stasi habe offenkundig die Stasi-Vergangenheit von Kurras vollständig tilgen wollen. Das zunächst aus der Birthler-Behörde bekanntgewordene 17- bändige Dossier dokumentierte die Verbindung zu Kurras nur bis 1976. Die nun vorliegende neue Akte zeige, dass die DDR-Staatssicherheit (Stasi) viel intensiver und länger als bisher bekannt Interesse an Kurras zeigte, berichtet «Der Spiegel».
Das Attentat auf den Studenten-Wortführer Rudi Dutschke am 11. April 1968 sollte nach Ansicht seines Sohnes Marek neu untersucht werden. Das gelte auch mit Blick auf mögliche Geheimdienst-Verwicklungen oder Stasi-Verstrickungen, sagte Marek Dutschke in einem Gespräch mit der dpa. Der Fall Kurras hatte in den vergangenen Tagen die Debatte über das Dutschke-Attentat wieder angefacht.