Mehr Schutz für Europas Bankkunden: Swift gestoppt

Straßburg/Berlin  (dpa) - Europas Bankkunden können aufatmen: Das EU-Parlament macht US-Geheimdiensten das Überprüfen europäischer Bankkonten extrem schwer. Die Abgeordneten stoppten am Donnerstag das umstrittene Swift-Abkommen über die Weitergabe von Bankdaten an amerikanische Terrorfahnder.

Es muss nun neu zwischen den USA und der EU ausgehandelt werden. Die EU-Kommission will so rasch wie möglich damit beginnen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) begrüßte die Entscheidung. «Die Bürgerinnen und Bürger in Europa haben heute gewonnen», sagte sie.

Das Bundesinnenministerium dagegen bedauerte die Entscheidung. Aus deutscher Sicht sei das Abkommen zwar nicht perfekt gewesen, aber es sei «besser als gar kein Abkommen» zwischen der EU und den USA gewesen, sagte ein Sprecher der Behörde. Die USA zeigten sich enttäuscht: «Das Ergebnis ist ein Rückschlag für den Anti-Terror-Kampf der USA und der EU», erklärte Außenamtssprecher Philip Crowley am Donnerstag in Washington.

Nach dem Nein des EU-Parlaments haben die US-Behörden nun keinen direkten Zugriff mehr auf die Banküberweisungen von rund 500 Millionen Europäern, sondern müssen in jedem Einzelfall einen Antrag beim belgischen Finanzdienstleister Swift stellen. Sonst hätte jeder Europäer ins Visier der Fahnder geraten können, der Geld ins außereuropäische Ausland überwiesen hätte - innereuropäische Bankgeschäfte sollten nicht betroffen sein. «Ich hoffe, dass wir ein neues Abkommen mit ambitionierten Sicherheitsstandards für die Privatsphäre und den Datenschutz erreichen können», sagte EU- Innenkommissarin Cecilia Malmström.

Im EU-Parlament gab es schwere Bedenken, dass das Abkommen die Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz für europäische Bürger verletzt. Eine breite Mehrheit von Sozialisten, Grünen und Liberalen stimmte in Straßburg gegen die Vereinbarung, die mit 378 zu 196 Stimmen gekippt wurde. Ein Antrag der Christdemokraten, in letzter Minute die Abstimmung zu verschieben, um das Abkommen nachzubessern, wurde abgelehnt.   

Der in Belgien beheimatete Finanzdienstleister will den US-Terrorfahndern nur eingeschränkt Daten zur Verfügung stellen. In den seltenen Fällen einer Anfrage aus den USA werde das Unternehmen «die juristischen Regeln» beachten, die in den betreffenden Ländern gelten, teilte Swift am Donnerstag in Brüssel mit.

Swift wickelt praktisch alle europäischen Bankgeschäfte ab - und will ohne Rechtsgrundlage keine Daten an die USA übermitteln. «Wir brauchen eine verbindliche Rechtsgrundlage», sagte ein Sprecher. Seit Jahren zapfen die USA dort sensible Daten wie Name, Empfänger und Betrag von Überweisungen an. Doch seit Januar ist der Zugriff unterbrochen, da Swift die Rechner nach Europa verlegt hat.

Aus US-Sicht stört die Entscheidung des Europaparlaments ein wichtiges Programm zur Terrorbekämpfung. Nun müsse seine Regierung überlegen, wie sie verfahre, sagte Außenamtssprecher Crowley weiter. «Es ist ermutigend, dass es viele Regierungen in Europa gibt, die bei diesem Programm mit uns zusammenarbeiten wollen.» Auch im EU-Rat sowie in der Kommission habe sein Land starke Unterstützung.

Mehrere US-Zeitungen reagierten verblüfft auf die harte Haltung der EU. «Das Europäische Parlament übt seine neue Macht aus», stellte das «Wall Street Journal» fest. Die Abstimmung unterstreiche Differenzen zwischen den USA und der EU darüber, wie sich Garantien auf Privatsphäre mit Bedenken über nationale und internationale Sicherheit kombinieren ließen, schrieb die «New York Times».

Diplomaten fürchten, dass das Scheitern des Abkommens das Verhältnis mit den USA belasten könnte. Die US-Regierung hatte bereits damit gedroht, die Gespräche mit der EU abzubrechen und bilaterale Abkommen auszuhandeln. Die EU-Kommission setzte sich dagegen für einen Kompromiss ein. Bereits nach dem 21. Februar könnten Gespräche zwischen den EU-Mitgliedsländern und den USA beginnen, sagte Malmström.

Dazu sind die auch die EU-Abgeordneten bereit - wenn der neue Vertrag nachgebessert wird. Konkret verlangt das Parlament ein Klagerecht für europäische Bürger, ein Verbot, Daten an Dritte weiterzugeben und eine zeitliche Begrenzung der Datenspeicherung. «Wir haben jetzt die Möglichkeit, deutliche Verbesserungen zu erreichen», sagte die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel.

Mit dem Votum demonstriert das Europaparlament auch mehr Macht: Nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 wurde die Zustimmung des Europaparlaments zum Swift-Abkommen erforderlich. Das Abkommen galt seit dem 1. Februar und sollte neun Monate Gültigkeit haben bis zu einem neuen, langfristigen Vertrag. Das Parlament, sprach dagegen von einem «historischen Moment» und einem «Sieg für den europäischen Datenschutz die europäische Demokratie.»

Trotz des massiven diplomatischen Drucks aus den USA lenkte das EU-Parlament letztlich nicht ein. Vor der Abstimmung hatten unter anderem Außenministerin Hillary Clinton und Finanzminister Timothy Geithner an Parlamentspräsident Jerzy Buzek geschrieben.

EU / Banken / Terrorismus
11.02.2010 · 21:23 Uhr
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