Grünen machen Weg für «Jamaika» an der Saar frei

Saarbrücken/Berlin (dpa) - Historische Entscheidung der Grünen im Saarland: Mit großer Mehrheit hat die Landespartei am Sonntag in Saarlouis die Weichen für das bundesweit erste «Jamaika»-Bündnis mit CDU und FDP gestellt.

Für SPD und Linkspartei bedeutet dieser Beschluss einen schweren Rückschlag im Bemühen um eine rot-rot-grüne Koalitions-Premiere auf Landesebene.

Ein Grünen-Landesparteitag stimmte mit 117 von 150 Stimmen (78 Prozent) einem Vorschlag von Saar-Landeschef Hubert Ulrich für «Jamaika»-Koalitionsverhandlungen zu. Der seit 1999 regierende CDU- Ministerpräsident Peter Müller könnte somit im Amt bleiben.

Die Grünen hätten mit ihren drei Sitzen im neuen Saarbrücker Landtag auch einem Linksbündnis mit SPD und Linkspartei zur Macht verhelfen können. Als mitentscheidend für den Beschluss pro «Jamaika» gilt die Absicht des Linke-Chefs und früheren SPD-Ministerpräsidenten an der Saar, Oskar Lafontaine, sich in dem Bundesland im Falle eines rot-rot-grünen Bündnisses verstärkt zu engagieren.

Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas kritisierte die Entscheidung scharf. Ulrich habe mit den «Wendehälsen der CDU und der FDP einen Pakt gegen die strukturelle Mehrheit der Wähler geschmiedet» und die Sondierungsphase missbraucht, eine entsprechende Mehrheit zu schmieden. «So verkommt Politik zur Schacherei.» Lafontaine - auch Linke-Fraktionsvorsitzender im Saar-Landtag - erklärte: «Das Saarland wird in den nächsten Jahren von einer Koalition regiert, die durch Wählerbetrug und Wählertäuschung zustande gekommen ist.»

Der Generalsekretär der Saar-CDU, Stephan Toscani, zeigte sich erleichtert. «Eine Jamaika-Koalition bietet die Chance, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit ökologischer Sensibilität und sozialem Ausgleich zu verbinden.» Das Bündnis könne «Modellcharakter für die Parteienlandschaft in Deutschland haben».

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla rechnet mit einer stabilen Zusammenarbeit im Saarland. «Die rot-rot-grünen Träume der SPD sind heute endgültig geplatzt», sagte er der «Financial Times Deutschland» (Montag). FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dem «Tagesspiegel» (Montag): «Wenn die Grünen jetzt im Saarland - anders als vergangenes Jahr in Hessen - erkennen, dass die Linke unfähig zur Zusammenarbeit ist, dann gehen sie in die richtige Richtung.»

Ausschlaggebend für die Entscheidung des Grünen-Vorstands war laut Ulrich vor allem, dass mit der Linkspartei keine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sei. «Ich habe keinerlei Vertrauen zu diesem Mann und zu dieser Partei», sagte Ulrich mit Blick auf Lafontaine. Denn der habe im Wahlkampf versucht, die Grünen «plattzumachen».

Ulrich sagte, «Jamaika» gebe den Grünen die Gelegenheit, sich nicht automatisch in ein linkes Lager einordnen zu lassen. Es sei gelungen, wichtige Inhalte durchzusetzen. Die Zusagen seien von Ministerpräsident Müller und FDP-Landeschef Christoph Hartmann auch schriftlich bekräftigt worden. «Die Studiengebühren in diesem Land werden abgeschafft», sagte Ulrich. Die Bildungsausgaben sollten im neuen Haushalt nach Vorstandsangaben auf bis zu 30 Prozent wachsen.

Die Bundesspitze der Grünen betonte «die autonome Entscheidung» der Saar-Landespartei. Diese Entscheidung werde respektiert, denn «die Ergebnisse der Sondierungen zeigen eine deutliche grüne Handschrift insbesondere bei der Bildungs- und Klimaschutzpolitik», teilten die Bundesvorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir am Abend in Berlin mit. Beide fügten hinzu: «Es handelt sich aber um eine Entscheidung der saarländischen Grünen für das Saarland, die keine Signalwirkung für die Bundesebene hat.»

Ulrich erhielt viel Beifall für seine Rede, aber auch Buh-Rufe. Der Chef des Grünen-Kreisverbands Saarbrücken, Tommy Brück, kritisierte Ulrich und sprach von einer «Verhohnepiepelung der Wählerschaft». Die Grünen hatten zehn Sondierungsgespräche mit allen möglichen Partnern geführt. Die Runden blieben vertraulich, Ergebnisse präsentierte Ulrich nur der Basis auf drei nicht- öffentlichen Regionalkonferenzen. Alle Seiten waren den Grünen weit entgegengekommen und boten der Partei zwei Ministersessel an.

Die Grünen hatten bei der Landtagswahl am 30. August 5,9 Prozent erreicht und stellen mit drei Abgeordneten die kleinste Fraktion im Parlament. Mit der Wahl eines Ministerpräsidenten wird wegen der anstehenden Herbstferien frühestens Anfang November gerechnet.

Koalition / Saarland / Grüne
11.10.2009 · 21:43 Uhr
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