Attentäter Amri nutzte 14 Identitäten

Düsseldorf/Berlin (dpa) - Monatelang waren Ermittler dem Berliner Attentäter Anis Amri deutschlandweit auf der Spur, kannten ihn unter mindestens 14 Namen - und verloren ihn doch aus den Augen. Das wurde bei einer Sitzung im nordrhein-westfälischen Landtag deutlich.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) forderte rechtliche Konsequenzen aus dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt. Es müsse geprüft werden, wie Gefährder ohne Bleibeperspektive leichter inhaftiert werden könnten. In der Hauptstadt wurden derweil neue Details zu Amris möglichem Kontaktmann bekannt, der am Dienstag festgenommen worden war.

«Wir müssen darüber reden, wie wir mit rechtsstaatlichen Mitteln für mehr Sicherheit der Menschen sorgen können», verlangte Jäger in Düsseldorf. Dazu gehörten wirksamere Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern. «Wir müssen und wir werden aus diesem schrecklichen Ereignis die notwendigen Lehren ziehen», kündigte er an.  

In der Sondersitzung beschäftigte sich der Innenausschuss mit dem Fall Amri. Der 24-jährige Tunesier hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt gesteuert, zwölf Menschen getötet und mehr als 50 verletzt. Bevor er nach Berlin kam, hatte sich Amri lange in NRW aufgehalten. Die Ausländerbehörde in Kleve war für den abgelehnten Asylbewerber zuständig und versuchte vergeblich, ihn abzuschieben.

Konkrete Fehler der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern benannte Jäger nicht. «Wir können in einem Rechtsstaat Gefährder nicht einfach vorsorglich wegsperren», sagte er. Das Landeskriminalamt habe im Februar 2016 beim Generalbundesanwalt angeregt, ein Verfahren wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat zu führen. In Berlin wurde Amri daraufhin sechs Monate lang observiert, man fand jedoch keine Belege für einen bevorstehenden Terroranschlag.

Auch für eine Abschiebehaft gab es laut NRW-Innenministerium nicht die rechtlichen Voraussetzungen. Dafür hätte man gerichtsverwertbar nachweisen müssen, dass von Amri eine konkrete Gefahr ausging. Die Opposition in Nordrhein-Westfalen bezweifelte, dass es keine rechtliche Handhabe gab, um den islamistischen Gefährder festzusetzen. Jäger hielt dagegen: «Gefährder heißt nicht Straftäter.» Heute sei es nicht mehr möglich, als Flüchtling mit einer Vielzahl von Identitäten durch Deutschland zu reisen. Dies sei der Situation 2015 mit rund 890 000 Flüchtlingen geschuldet gewesen.

Diese Situation machte sich mutmaßlich auch ein Bekannter Amris zunutze. Gegen den am Dienstag in Berlin festgenommenen 26-jährigen Tunesier wurde Haftbefehl wegen Leistungsbetrugs erlassen. Er steht weiterhin auch unter dem Verdacht, von Amris Plänen gewusst oder sogar an ihnen beteiligt gewesen zu sein. Für einen weiteren Haftbefehl fanden die Ermittler aber nicht genügend Anhaltspunkte.

Auch ihn hatten sie schon länger im Visier. Im November 2015 wurde wegen Verdachts auf Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat gegen den Tunesier ermittelt. Das Verfahren wurde im Juni 2016 eingestellt, weil sich Hinweise auf Sprengstoff-Beschaffung nicht erhärten ließen.

Nach bisher unbestätigten Informationen von «Süddeutscher Zeitung», WDR und NDR wurde Amris Bekannter nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt als «Gefährder» eingestuft. Bundesweit führen die Sicherheitsbehörden derzeit 548 Personen aus der Islamisten-Szene in dieser Kategorie. Ihnen trauen Polizei und Geheimdienste politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung zu.

Terrorismus / Deutschland / Berlin / Nordrhein-Westfalen
05.01.2017 · 17:46 Uhr
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