Wursthüllen-Dilemma geklärt: OVG Münster kippt Entscheidung
In Münster wurde jüngst ein bedeutendes Urteil für die Fleischverarbeitungsindustrie gefällt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat entschieden, dass zur Füllmenge von Fertigpackungen auch nicht essbare Bestandteile wie Wursthüllen und Verschlussclips gehören. Damit wurde das Urteil der Vorinstanz am Verwaltungsgericht, das gegen eine Firma wegen unzureichender Füllmengen geurteilt hatte, aufgehoben. Die Problematik bezog sich auf die Abweichungen im Gewicht essbarer Wurstanteile, für welche das Eichamt im Jahr 2019 Verkaufsverbote ausgesprochen hatte, da es die nicht essbaren Verpackungsbestandteile für nicht bilanzierbar hielt.
Doch das OVG sah dies anders. Die Richter betonten in ihrem Urteil, dass eine seit 1976 existierende Europarechts-Richtlinie ausschlaggebend bleibt. Diese legt fest, dass zur Füllmenge in der Tat alle Bestandteile der Ware zählen, auch die nicht für den Verzehr geeigneten Teile einer Wurstverpackung. Hervorgehoben wurde, dass es andernfalls bei Verkaufsstellen, wie etwa Fleischtheken, die das Produkt vor Ort abwiegen, zu Unklarheiten bei der Auslegung der Füllmengenbegrifflichkeit kommen würde.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Eichamt bei zwei unterschiedlichen Artikeln der beklagten Firma aus dem Kreis Warendorf eine zu geringe Wurstmenge beanstandet, und zwar um 2,3 und um 2,6 Gramm. Die Firma hatte sich verteidigt, indem sie darauf verwies, dass die auf der Verpackung ausgewiesene Füllmenge einschließlich Hülle und Clips erreicht werde. Diese Argumentation fand nunmehr auch beim OVG Anklang.
Das Gericht verwies darüber hinaus darauf, dass durch die im Jahr 2014 eingeführte Lebensmittelinformationsverordnung keine Änderung der bestimmenden Rechtslage in Bezug auf die Definition der Füllmenge vorverpackter Lebensmittel erfolgt sei. Die maßgebliche EWG-Richtlinie von 1976, als prägend für die Rechtssprechung, sei also nach wie vor anwendbares Recht. Zudem ließ das OVG eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu, was die Tragweite der Entscheidung unterstreicht. (eulerpool-AFX)