Trump diktiert Zölle – und ersetzt Handelspolitik durch Verwaltungserlass
Ohne auf bilaterale Abstimmung zu setzen, kündigt US-Präsident Donald Trump an, in den kommenden Wochen eigenständig Zollhöhen für zahlreiche Handelspartner festzulegen. Hintergrund ist ein Engpass an Verhandlungsressourcen im Weißen Haus. „Wir haben nicht die Kapazität, mit jedem zu reden“, sagte Trump bei einem Treffen mit Wirtschaftsvertretern in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Die Maßnahme folgt auf einen abrupten Kurswechsel: Am 2. April hatte Trump höhere Zölle auf Importe aus Dutzenden Ländern angekündigt, sie jedoch angesichts panischer Reaktionen an den Finanzmärkten für 90 Tage ausgesetzt. Nun plant die Regierung, in einem vereinfachten Verfahren „Briefe“ an betroffene Staaten zu verschicken. Diese sollen darin erfahren, „was sie zahlen müssen, um in den USA Geschäfte zu machen“, so Trump. Ein Berufungsverfahren sei möglich, Details dazu blieb er allerdings schuldig.
Zollpolitik wird damit de facto zur Einbahnstraße – eine Rückkehr zu verhandelten Handelsabkommen scheint in weite Ferne gerückt. Offiziell priorisiert Washington derzeit Gespräche mit rund einem Dutzend Staaten, darunter Japan, Südkorea, Indien und die EU. Ein vorläufiger Rahmen wurde mit Großbritannien vereinbart, ebenso ein temporärer Zollstopp mit China. Doch diese punktuellen Abkommen erscheinen zunehmend als Ausnahme.
Trump lässt wenig Zweifel daran, dass ein neuer Kurs eingeschlagen ist. „Wir diktieren die Zölle“, sagte er bereits Anfang Mai. Man arbeite an „vier oder fünf weiteren Deals“, die „sofort kommen“. Indien habe angeboten, Zölle auf US-Waren zu senken – eine Aussage, die in Neu-Delhi bislang unbestätigt blieb.
Zölle, von der US-Zollbehörde direkt an der Grenze erhoben, landen in der Praxis meist bei den Verbrauchern. Die Mehrkosten werden durch Importeure ganz oder teilweise weitergegeben – ein Risiko, das sich bei breiter Anwendung der neuen Praxis signifikant auf Preise und Inflation in den USA auswirken dürfte.
Der Versuch, eine multipolare Handelswelt mit Verwaltungsakten zu ordnen, stößt an praktische wie diplomatische Grenzen. Trumps Logik folgt dabei keiner multilateralen Systematik, sondern einer simplen Ansage: Wer in den US-Markt will, zahlt – wie viel, bestimmt Washington.