Roma-Streit: Brüssel legt sich mit Paris an

Brüssel (dpa) - Die EU setzt Frankreich wegen der Massenabschiebung von Roma unter massiven Druck. Wegen Verstoß gegen EU-Recht plant die EU-Kommission ein formales Verfahren gegen Paris. Nur zwei Wochen hat Frankreich Zeit, um geltendes Recht anzuwenden - das dürfte kaum reichen.

«Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich einzuleiten», sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding am Mittwoch in Brüssel. Die EU-Kommission geht auf Konfrontation mit der Regierung von Nicolas Sarkozy, der die Ausweisungen im Sommer angeschoben hatte.

Nach den Worten Redings hat Frankreich die EU-Richtlinie zum Recht auf Aufenthalt in jedem anderen EU-Staat nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt. Laut Richtlinie sind bei einer Ausweisung alle persönlichen Umstände des Betroffenen zu prüfen wie Alter oder Länge des Aufenthalts im Gastland. Frankreich enthalte somit EU-Bürgern «wesentliche» Rechte vor. «Das muss berichtigt werden», forderte Reding.

Bei einem formalen Verfahren kann die Kommission in letzter Konsequenz den Europäischen Gerichtshof anrufen, der hohe Geldstrafen verhängen kann. In dem Konflikt gibt die Kommission Frankreich eine letzte, sehr knapp bemessene Schonfrist. Bis zum 15. Oktober hat die französische Regierung Zeit, geltendes EU-Recht umzusetzen. Ist dies nicht der Fall, werde Brüssel ein Schreiben nach Paris schicken, kündigte die EU-Kommission in einer Erklärung an. Dieser Brief ist der erste Schritt in einem Vertragsverletzungsverfahren.

Die Frist wird nach Ansicht von EU-Diplomaten nicht ausreichen, damit Frankreich einen Aktionsplan vorlegt - ein Verfahren gilt daher als wahrscheinlich. Frankreich hat seit Anfang des Jahres mehr als 8000 Roma in ihre Heimatländer zurückgebracht und deren Siedlungen aufgelöst. Die Roma genießen nach Ansicht Brüssels als Staatsbürger Rumäniens und Bulgariens aber das Grundrecht auf freien Aufenthalt in der EU.

Ungeachtet der Kritik will Frankreich sein Ausländerrecht verschärfen und die rechtliche Grundlage für derartige Aktionen stärken. Künftig sollen EU-Bürger problemlos ausgewiesen werden können, wenn sie das Recht auf einen bis zu dreimonatigen Kurzaufenthalt durch wiederholte Aus- und Einreise missbrauchen. Auch wer das französische Sozialsystem belastet oder die öffentliche Ordnung stört, muss eine Rückführung fürchten.

In einer ersten Reaktion sagte ein Sprecher des französischen Außenministeriums, Frankreich werde der EU-Kommission alle notwendigen Informationen übermitteln.

Die Entscheidung der Kommission fiel einstimmig. Viele Mitgliedsstaaten hätten Defizite bei der Umsetzung der Richtlinie - deshalb prüfe man, gegen weitere Staaten vorzugehen. «Wir würden in ähnlichen Fällen ebenfalls einen Brief im nächsten Paket der Vertragsverletzungen losschicken», sagte die Sprecherin von Barroso. Gegen Deutschland prüft die EU-Kommission keine rechtlichen Schritte.

Den zweiten Vorwurf, dass Frankreich die ethnische Minderheit der Roma diskriminiere, weil sich die Abschiebungen ausdrücklich gegen Roma gerichtet haben, verfolgt die EU-Kommission zunächst nicht weiter. Kommissarin Reding hatte dies vor zwei Wochen zunächst angekündigt, doch die Zusagen aus Paris reichten der Kommission zunächst aus. «Wir haben die Zusicherung der französischen Behörden erhalten und die Aufhebung des ersten Rundschreibens sowie weitere Punkte gesehen», sagte Barroso. Paris hat einen Runderlass, in dem die Präfekten gezielt zur Räumung und Ausweisung von Roma aufgefordert wurden, inzwischen aufgehoben.

Erklärung EU-Kommission

EU / Minderheiten / Roma
29.09.2010 · 17:08 Uhr
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