Report: Start des neuen Bundestags

Berlin (dpa) - Vorn war gestern, hinten ist heute. Diese schmerzliche Erfahrung machten beim Start des neuen Bundestags am Dienstag viele bisherige SPD-Größen.

Ein gelangweilter Peer Steinbrück, bis vor kurzem ein Star auf der Regierungsbank, fand sich plötzlich in der fünftletzten Reihe im Plenarsaal wieder. Daneben hockten ebenso missmutig die bisherigen SPD-Kabinettskollegen Heidi Wieczorek-Zeul und Wolfgang Tiefensee.

Die ganze Dramatik des SPD-Wahldesasters wurde vielen Überlebenden aus der nun gewesenen Regierungspartei bei der ersten Sitzung erst richtig klar. Im neuen Oppositionsblock zwischen Linkspartei und Grünen fallen die stark dezimierten Sozialdemokraten gar nicht mehr groß auf. Abgeben mussten sie zu allem Überfluss auch noch zwei der begehrten Vorderplätze. Dort hatte am Dienstag noch einmal Franz Müntefering als Parteichef Platz genommen. Sein baldiger Nachfolger saß bereits hinter ihm: Sigmar Gabriel schrieb oder las pausenlos Handy-Kurznachrichten.

Trotz der noch leeren Regierungsbank richteten sich die meisten Blicke aber schon auf die neuen Regierenden. Mit stolzgeschwellter Brust hielt der designierte FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle Hof. Zu großer Form lief auch Guido Westerwelle auf. So beschäftigt war der künftige Außenminister und Vizekanzler, dass er fast die Stimmabgabe für die Wahl des Parlamentschefs verpasst hätte. Mit seinem Vorgänger Frank-Walter Steinmeier besprach er die Übergabemodalitäten. Auf der Tribüne nahm der FDP-Vorsitzende von Bundespräsident Horst Köhler noch vor der Vereidigung Glückwunsche an. Und er nahm sich Zeit für einen Plausch mit DGB-Chef Michael Sommer, mit dem er sonst wenig am Hut hat.

Einiges bei der Premiere des 17. Bundestags glich einer Einschulung. Mehrere der über 200 Parlamentsneulinge fanden sich erst mühsam zurecht. Etwa der künftige Gesundheitsminister Philipp Rösler. Der Niedersachse steuerte schnurstracks auf die FDP-Reihen zu, um sich dort niederzulassen. Von seinen Parteifreunden wurde der junge Mann abgewiesen. Schließlich habe er kein Bundestagsmandat. Immerhin durfte der 36-Jährige dann von der Bundesratsbank alles Weitere verfolgen.

Etwa den nach oft gehörter Ansicht ziemlich bizarren Auftritt von Alterspräsident Heinz Riesenhuber. Noch geschmunzelt wurde zunächst bei Sätzen des 73-Jährigen wie: «Sind wir alle da?», «Wann haben Sie Ihren Abgeordneten zuletzt geknuddelt?» oder dem Versprecher «Ich rufe zur versteckten äh verdeckten Stimmabgabe auf.»

Auch eigene Leute zeigten sich peinlich berührt, was der Mann mit der Fliege sonst noch so alles von sich gab. Mit großer Geste schwärmte Helmut Kohls einstiger Forschungsminister etwa von den vielen gesunden Fischen, die sich wieder in den Flüssen tummeln. «Wer spricht denn heute noch vom Waldsterben?», fragte der Parlaments-Senior. Ein scharfes «Wir» hielt ihm die genervte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast entgegen.

Einen Kontrapunkt setzte der wiedergewählte Parlamentschef von der CDU. Norbert Lammert zog kräftig vom Leder. Erst knöpfte er sich - nicht zum ersten Mal - die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten vor, weil die in «souveräner Sturheit» es nicht für nötig befunden hätten, die Eröffnung des Parlaments zu übertragen. Süffisant zählte er unter Gelächter die Ersatzprogramme von ARD und ZDF auf: bei dem einen Kanal die TV-Komödie «Schaumküsse», beim anderen die 158. Folge von «Alisa - Folge deinem Herzen».

Leichte Unruhe in den eigenen Reihen löste Lammert auch mit seiner Ankündigung aus, er werde auch in der zweiten Amtszeit an seiner «gelegentlichen Neigung zur Selbstständigkeit» festhalten. Dies verband er gleich auch mit konkreten Projekten. Bald müsse etwa die Neuregelung der Überhangmandate angepackt werden, die die Union vor der Bundestagswahl entgegen Lammerts Rat noch blockiert hatte. Und ebenso die Neufassung der Transparenzregeln für Rechtsanwälte mit Parlamentsmandat. Letzteres gilt angesichts der Fülle von Juristen bei CDU/CSU und FDP allerdings als ziemlich ehrgeiziges Vorhaben.

Bundestag
27.10.2009 · 16:38 Uhr
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