Pflegeversicherung am Scheideweg: Ein Balanceakt zwischen Nachhaltigkeit und Beitragsdruck
Judith Gerlach, die Gesundheitsministerin Bayerns, schlägt Alarm: Höhere Beiträge für die Pflegeversicherung seien keine akzeptable Lösung für die offensichtlichen finanziellen Engpässe. Stattdessen fordert sie die neue Bundesregierung auf, mit Unterstützung durch angemessene Steuerzuschüsse zu intervenieren, um in diesem Jahr eine Erhöhung der Beiträge zu verhindern. Die von der DAK vorgestellten Berechnungen prognostizieren für 2023 ein Defizit von 1,65 Milliarden Euro, das bis 2026 sogar auf 3,5 Milliarden Euro anwachsen könnte.
Im vergangenen Jahr erreichte das Defizit der Pflegeversicherung bereits 1,54 Milliarden Euro, woraufhin die Beiträge zu Jahresbeginn um 0,2 Prozentpunkte stiegen. Der DAK-Vorstandschef Andreas Storm sieht ohne zusätzliche finanzielle Maßnahmen eine Erhöhung um mindestens 0,3 Beitragssatzpunkte bis 2026 als unvermeidlich an. Die Forderung nach Reformen und strukturellen Anpassungen wird sowohl von ihm als auch von einer deutlichen Bevölkerungsmehrheit unterstützt: Fast 80 Prozent der Deutschen sehen laut DAK-Pflegereport dringenden Reformbedarf in der Altenpflege.
Ein breites Spektrum an Maßnahmen steht zur Diskussion. Gerlach spricht sich für die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen durch Steuermittel aus und fordert die Erstattung der pandemiebedingten Ausgaben, die der Pflegeversicherung weiterhin zur Last fallen. Die Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige durch den Bund wird ebenso vorgeschlagen.
Die demografische Entwicklung verschärft die Situation zusätzlich, da die Zahl der Pflegebedürftigen in den nächsten zwei Jahrzehnten um über 20 Prozent steigen soll. Wirtschaftsweise Veronika Grimm fordert angesichts dieser Herausforderungen Leistungskürzungen und eine höhere Eigenbeteiligung der Pflegepatienten, um die Nachhaltigkeit der Finanzierung zu gewährleisten.