NRW vor schwierigen Koalitionsverhandlungen
Die NRW-CDU will nur mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in eine große Koalition mit der SPD gehen. Das machte ihr Generalsekretär Andreas Krautscheid im WDR deutlich. Es sei unbestritten, dass die stärkere Partei den Regierungschef stelle und auch entscheide, wer dieses Amt wahrnehme, betonte er. «Rüttgers ist für uns der nächste Ministerpräsident.»
Allerdings hatte die CDU bei der Landtagswahl nur 6200 Stimmen mehr erhalten als die SPD und liegt mit 34,6 Prozent der Stimmen nur um 0,1 Punkte vor der SPD. Im neuen Landtag werden beide Parteien jeweils 67 Mandate haben.
Auch SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft formulierte bereits Bedingungen für eine große Koalition. «Wir sind gewählt worden für einen Politikwechsel», sagte sie ebenfalls im WDR. Nun müsse sich zeigen, ob längeres gemeinsames Lernen in den Schulen, Abschaffung der unter Schwarz-Gelb eingeführten Studiengebühren und eine sichere Finanzausstattung der Kommunen mit der CDU möglich seien. «Da werden wir auch keinerlei Abstriche machen können.»
Die Christdemokraten müssten begreifen, dass die Politik der bisherigen CDU/FDP-Regierung abgewählt worden sei, betonte sie. Die CDU war bei der Wahl um rund zehn Punkte auf ihr schlechtestes Ergebnis in NRW abgestürzt. Keine klare Position bezog Kraft zu der Frage, ob sie an ihrem Anspruch festhält, Ministerpräsidentin zu werden, oder ob eine große Koalition unter CDU-Führung nur ohne Rüttgers möglich wäre.
Krautscheid zeigte sich verhandlungs- und kompromissbereit. «Ich glaube, dass beide Parteien verstehen, dass keiner seine Ideal- und Maximalpositionen aus dem Wahlkampf aufrechterhalten kann», sagte der Generalsekretär dem WDR. «Ich halte aber nichts davon, dass man vorher sagt: Hier ist die rote Linie, darüber wird gar nicht geredet.»
Am Abend wollten die Landesvorstände beider Parteien das erste Sondierungsgespräch vorbereiten, das nach Pfingsten geplant ist. Als besonders schwierig gilt eine Einigung in der Bildungspolitik. Während die CDU bislang eisern am mehrgliedrigen Schulsystem festhielt, hat die SPD den Wählern Gemeinschaftsschulen bis zur 10. Klasse versprochen. Krautscheid signalisierte aber Bewegung seiner Partei bei dem Thema. Sie müsse nun prüfen, «welche Positionen der CDU überdacht und korrigiert werden müssen».
Am Vorabend waren Sondierungsgespräche über eine rot-rot-grüne Koalition gescheitert. SPD und Grüne warfen der Linken vor allem vor, sich nicht deutlich genug vom Unrechtsregime in der DDR distanzieren zu wollen. «Ich war wirklich entsetzt über das, was wir dort gehört haben», sagte Kraft im ZDF-«Morgenmagazin». «Wir haben viel Geschichtsklitterung gehört und gemerkt, dass die Linkspartei nicht richtig weiß, was es bedeutet, eine regierungstragende Fraktion zu stellen.»
Ex-Linken-Parteichef Oskar Lafontaine sagte dem Deutschlandfunk: «Wenn Frau Kraft lieber mit der FDP zusammenarbeitet, dann zeigt sich, dass die SPD noch immer mit der Agenda- und Hartz-IV-Politik verwachsen ist, und dann ist sie für uns nicht regierungsfähig.»
Die Grünen schrieben in einem Brief an ihre Mitglieder, das Gespräch habe gezeigt, dass die Linke «Regierung und Opposition in einem sein will». Die Partei sei auch nicht davon abgerückt, «dass sie den Verfassungsschutz eigentlich abschaffen will».
Die Grünen kündigten «eine offensive, fundierte Oppositionspolitik» in fast verdoppelter Fraktionsstärke an. Eine neue Offerte an die FDP schlossen sie erneut aus. Kraft will diese Tür nicht ganz zuschlagen. Bislang seien die Liberalen mit ihrer strikten Verweigerung einer Ampelkoalition ihrer demokratischen Verantwortung nicht gerecht geworden, mahnte sie. «Ich weiß nicht, ob sich die FDP noch mal rührt, ich bin da sehr gespannt.»