Ministerin will Bürgerarbeit für Hartz-IV-Empfänger
Sie sollen nach den Vorstellungen von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Senioren beim Einkaufen zur Hand gehen, in Pflegeheimen vorlesen, aber auch Parks und Straßen von Unrat säubern. Bis zu 33 000 Hartz- IV-Empfänger will von der Leyen so zu einem Job verhelfen und sie damit aus der staatlichen Unterstützung herausholen.
Zum 1. Juli soll das in Modellversuchen bereits praktizierte Projekt starten. «Hier geht es um diejenigen, die ganz miserable Chancen haben, einen regulären Job zu finden. Jeder bekommt eine Chance. Das zeigt, dass wir es ernst meinen mit dem Arbeitsangebot», sagte von der Leyen der «Bild»-Zeitung (Montag). Kritiker warnen indes vor «Zwangsarbeit zu Niedriglöhnen».
Die gemeinnützige «Bürgerarbeit» soll auf drei Jahre beschränkt sein. Sie müsse «zusätzlich sein und darf keine reguläre Arbeit verdrängen», ergänzte eine Ministeriumssprecherin. «Bürgerarbeiter» sollen 900 Euro brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden verdienen. Es handele sich um sozialversicherungspflichtige Jobs, für die aber keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erhoben werden.
Bislang haben bundesweit knapp 190 Grundsicherungsstellen Interesse an dem Projekt angemeldet. Dieses ist nach den Plänen des Arbeitsministeriums ausgerichtet «auf besonders strukturschwache Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit» - und es gehe speziell um Langzeitarbeitslose «mit besonders hohen Vermittlungshemmnissen», sagte die Sprecherin. Wichtig sei für sie eine sinnvolle Tätigkeit.
In den bisherigen Modellprojekten zeigte sich aber auch, dass sich bis zu 20 Prozent der Langzeitarbeitslosen aus dem Hartz-IV- Bezug abmeldeten, sobald ihnen eine gemeinnützige Arbeit angeboten wurde. Wer ein solches Angebot ablehnt, muss mit den gesetzlich festgelegten Sanktionen rechnen. Finanziert werden soll das Projekt aus dem Topf zur Eingliederung von Langzeitarbeitslosen und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.
Die Linkspartei lehnt das Konzept ab: «Versteckt hinter einem nett klingenden Slogan wird der Wunsch vieler Erwerbsloser nach einem regulären Arbeitsplatz missbraucht», sagte deren Arbeitsmarktexpertin Sabine Zimmermann. Von der Leyen entwickele damit «das demütigende Hartz-System weiter statt es abzuschaffen». Ungeklärt sei, wie garantiert werden könne, dass die «Bürgerarbeitsplätze» keine regulären Beschäftigungsverhältnisse verdrängen.
Auch von der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, kam Kritik. Müll aufsammeln und Straße fegen führten Langzeitarbeitslose nur in die Sackgasse. Für die Betroffenen seien sinnstiftende Jobs nötig, zum Beispiel als Assistenzkraft von Schulhausmeistern oder in sozialen und kulturellen Projekten. Von der Leyen rücke - so Pothmer - mit ihrem Konzept «bedenklich nahe an die Vorschläge von Guido Westerwelle oder Roland Koch, die seit langem Arbeitslose zu Zwangsdiensten verdonnern wollen».