Merkel-Erklärung: Brauchen «Firewall» für Euro

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel will den Euro mit einem Schutzwall und härteren Regeln für notorische Schuldensünder krisenfest machen. Für den Brüsseler Gipfel erhielt die CDU-Chefin am Mittwoch breite Rückendeckung des Bundestags.

Union und FDP sowie SPD und Grüne gaben mit großer Mehrheit grünes Licht für Verhandlungen der Euro-Länder über eine höhere Schlagkraft des Rettungsfonds EFSF.

Merkel benötigte die Zustimmung des Parlaments, um in Brüssel voll verhandlungsfähig zu sein. Für einen entsprechenden Antrag, der auch klare Grenzen für die weiteren Euro-Verhandlungen zieht und auf höhere Risiken verweist, stimmten 503 der 596 anwesenden Abgeordneten. 89 Parlamentarier waren dagegen, 4 enthielten sich. Merkel erhielt sogar die symbolisch wichtige Mehrheit von 311 Ja-Stimmen aus den eigenen Reihen - die sogenannte Kanzlermehrheit.

Zuvor hatte Merkel mit einer leidenschaftlichen Rede um Unterstützung geworben: «Europa muss eine Stabilitätsunion werden.» Eindringlich beschwor die Kanzlerin eine Bedrohung Europas: «Die Welt schaut auf Deutschland und Europa. Sie schaut darauf, ob wir bereit und fähig sind, in der Stunde der schwersten Krise Europas seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, Verantwortung zu übernehmen.»

Von dem am Abend in Brüssel beginnenden zweiten Krisengipfel der Euro-Gruppe binnen weniger Tage erwartet Merkel deutliche Fortschritte. Allerdings dämpfte sie zu hohe Erwartungen: «Einfache Lösungen, der eine Paukenschlag, das wird es nicht geben.»

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und der Eurozone wollten in Brüssel über schärfere Kapitalvorgaben für Großbanken beraten sowie über ein zweites Griechenland-Rettungspaket. Dabei geht es auch um einen höheren Anteil privater Banken.

Zudem sollen mit einem politischen Grundsatzbeschluss der Euro-Länder Verhandlungen über einen effizienteren Rettungsfonds EFSF auf den Weg gebracht werden. Endgültige Modelle, Details sowie der Umfang der «Hebel»-Wirkung folgen später. Sie fließen in die EFSF-Leitlinien ein, die laut Merkel «natürlich hier im Bundestag» beraten werden. Formal muss nur der Haushaltsausschuss zustimmen.

Spekuliert wird, dass das Hilfsvolumen für Krisenländer mit Hilfe weiterer Investoren auf eine Billion Euro oder mehr «gehebelt» wird. Dafür liegen zwei Modelle auf dem Tisch: Eine Teilkasko-Versicherung, bei der der EFSF ein anteiliges Ausfallrisiko neuer Staatsanleihen übernimmt. Die zweite Variante sieht vor, dass internationale Geldgeber mit ins Boot geholt werden, darunter auch Staatsfonds und Privatinvestoren. Auch eine Kombination ist möglich.

Die Koalition hatte sich am Dienstag mit SPD und Grünen auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt. Darin wird klargestellt, dass die Haftungsobergrenze für Deutschland von 211 Milliarden Euro beim Rettungsfonds strikt eingehalten werden muss. Auch wurde eingeräumt, dass die Instrumente zur höheren Schlagkraft des EFSF das Verlustrisiko verändern, also auch steigern könnten.

Merkel nannte das Risiko bei der Maximierung des Fonds vertretbar. Sie gehe sogar so weit zu sagen: «Es wäre nicht vertretbar, das Risiko nicht einzugehen.» Nach intensiver Prüfung aller Vorschläge liege ihr eine bessere, vernünftigere Alternative nicht vor.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Koalition einen unverschämten Umgang mit der Wahrheit vor. Statt der Bevölkerung offen und ehrlich das wahre Ausmaß der Krise zu sagen, habe sie Vertrauen zerstört. Für diesen langfristigen Schaden für die Demokratie sei auch die Kanzlerin mitverantwortlich.

Auch Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warf Schwarz-Gelb einen Zick-Zack-Kurs vor. «Sie haben ein Chaos verursacht, die eine Wirrnis organisiert, die alle überfordert.» Nach Ansicht von Jürgen Trittin, Fraktionschef der Grünen, sind die Bürger angesichts der Billionen-Summen zutiefst verunsichert. Daran trage die Regierung eine Mitschuld. Sein FDP-Amtskollege Rainer Brüderle wertete die neuen Rechte des Bundestages als Meilenstein für die Demokratie.

Merkel forderte die privaten Banken und Versicherer auf, sich in einem deutlich größeren Umfang als bisher an einer Entlastung Griechenlands zu beteiligen. Der im Juli vereinbarte freiwillige Forderungsverzicht von 21 Prozent reiche nicht mehr aus. Die Verhandlungen in Brüssel verlaufen bisher aber stockend.

Nach einem Schuldenschnitt müsse dann eine Ansteckung anderer Euro-Länder unbedingt verhindert werden, sagte Merkel. Dazu müssten die Banken einen höheren Kapitalpuffer aufbauen. Ein Schuldenerlass allein löse die Probleme nicht. «Wir wollen, dass Griechenland schnell wieder auf die Beine kommt.»

Die Kanzlerin mahnte rasche Änderungen der EU-Verträge an und räumte Konstruktionsfehler ein: «Wenn wir sie jetzt beseitigen, dann nutzen wir die Chance dieser Krise. Ansonsten würden wir versagen.»

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BGA
EU / Finanzen
26.10.2011 · 16:27 Uhr
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